Begonnen hat alles 2005 während der ersten
Viennafair.
Initiiert vom Dorotheum hatten sich Wiens Kunstmuseen, Institutionen
und Galerien mit dem Ziel der Vernetzung von Kunst und Wirtschaft unter
dem Label „Art Cluster“ zusammengeschlossen und mit Blick auf das
speziell zur Kunstmesse nach Wien angereiste internationale
Fachpublikum eine Woche lang ein exklusives Rahmenprogramm, bestehend
aus Empfängen, Previews und Partys auf die Beine gestellt. Jetzt, fünf
Jahre später, feiert das ehemals kleine feine Event sein erstes
Jubiläum als großes siebentägiges Fest für die kunstinteressierte
Öffentlichkeit. Auf dem Programmzettel stehen
Ausstellungsbesichtigungen und Direktorengespräche in den Museen, eine
Gallery-Night in rund 50 Galerien, Führungen durch öffentliche und
private Sammlungen, Touren zu Kunstwerken im öffentlichen Raum und
Beispielen zeitgenössischer Architektur sowie eine Vielzahl von
Vorträgen – vom Künstlergespräch zur Lunchtime (Barbara Kruger zur
Ausstellung „1989“ in der Kunsthalle Wien) über Diskussionen bis hin zu
einer speziellen Performancereihe. Schauplatz ist aber nicht nur der
institutionelle Rahmen. Ein täglicher Fixpunkt der Vienna Art Week 2009
sind die Studiovisits mit Kunstexperten bei jungen, aber auch
etablierten Künstlern wie auch Architekten. Ein ungewöhnliches Projekt
untersucht schließlich nicht nur jene Bereiche, die das Dazwischen und
Abseits der Kunst repräsentieren, sondern findet auch ebendort statt:
23 heute in Wien lebende Künstler ost- und südosteuropäischer Herkunft
hat Kuratorin Ursula Probst für „The Center of Attention“ eingeladen,
um in einem Geschäftslokal in der Radetzkystraße eine „dynamische
Ausstellung“ zu inszenieren, die Kunst und Leben miteinander verbindet.
Collabor.at - Die Vernetzer
Collabor.at – das spielt einerseits auf das englische „collaborate“
an: mitarbeiten, mitwirken, zusammenarbeiten. Und es ist andererseits
die Webadresse des in stets unterschiedlicher Zusammensetzung
agierenden Wiener Künstlerkollektivs rund um Johanna Reiner, Johannes
Hoffmann, Maria Calli-garis u. a. 2000 formierte sich die junge Truppe
erstmals, um ein kuratorisches Experiment zu starten: „Wir sind mit
Themenstellungen an andere Künstler und Experten herangetreten und
haben sie eingeladen, sich an einem Arbeitsprozess zu beteiligen und
gemeinsam ein Ausstellungskonzept zum Thema zu erarbeiten.“
Mitwirkende waren Künstler ebenso wie Kulturtheoretiker. Angefangen von der ersten Aktion im Wiener Offspace „Futuregarden“ –
„issue
01“, einem dreitägigen Projekt rund um Sehnsucht, kollektives
Bewusstsein und individuelle Träumereien, zu der 18 Künstler um
Beiträge gebeten wurden – bis hin zu Großprojekten wie im Sommer 2006
„Grüße an die Nachbarinnen“, einer Aktion im öffentlichen Raum, für die
sieben mit einer Möbelinstallation bestückte Flöße im Lunzer See
vertaut wurden, ist das Interesse am sozialen Zusammenwirken als
Grundgedanke spürbar. So ließen collabor.at beim Kunstfestival
„Sino-pale“ 2008, einer alten türkischen Zeremonie folgend, als Symbol
für das kulturelle Erbe der Türkei ein Bootswrack durch die Stadt
tragen, das sie zuvor am Bootsplatz aus Holzresten gezimmert hatten.
Und in Wien kehrten sie zu Beginn dieses Jahres anlässlich eines
Projekts für das TanzQuartierWien das Innerste nach außen und
projizierten die Geschehnisse im Inneren während der Abenddämmerung auf
die Fassade, um diese mittels experimenteller Projektionstechnik zum
Verschwinden zu bringen.
Studiovisit: Mittwoch, 18. 11., 15 Uhr
Lisa Ruyter - Die Aufmischerin
Die weißen Wände in Lisa Ruyters Atelier in der Nähe der Karlskirche
sind hoch. Das braucht es auch, denn die Bilder, die die gebürtige
US-Amerikanerin malt, sind formatfüllend. Seit sechs Jahren lebt sie in
Wien, einen Teil der Zeit war sie auch als Galeristin aktiv. „Ich mache
gern großformatige Arbeiten, weil ich das Gefühl mag, so auf einer Art
Bühne zu stehen“, sagt sie. Lisa Ruyter hat dieses distanzierte
Verhältnis zu ihren Arbeiten gern. Das spiegelt sich nicht nur in den
grellen, fast giftig anmutenden Acrylfarben, die sie verwendet, sondern
auch in ihrer extrem schablonenhaften Malweise, bei der die Kontraste
stark sind und die Flächen sich klar gegeneinander absetzen.
Distanz
ist in ihrer Kunst gleichsam Programm, doch der Weg dahin das Ziel.
Lisa Ruyter malt sich die Bilder, an deren Beginn stets ein selbst
aufgenommenes Foto steht, gleichsam vom Leib. Egal, ob es sich dabei um
persönliche Aufnahmen von Freunden handelt oder von exponierten
Locations wie etwa die Internationale Atomenergiebehörde oder die
Vereinten Nationen. „Ich verwende immer ein eigenes Foto, um in
direkter Beziehung zu meinen Lebenserfahrungen zu bleiben“, sagt sie.
„Das sind ja keine typischen Kunstsujets. Dass ich an diese Orte
gelange, ist ebenso eine logische Folge meines Lebens als Künstlerin
wie die Aktionen mit Freunden.“ Da steckt auch die persönliche
Botschaft drin, die sie in ihre Bilder verpackt, um sie am Ende in die
Welt hinaus zu entlassen, damit sie dort anfangen, ihr Eigenleben zu
entfalten. „Ich liebe es, wenn meine Bilder abgeholt werden“, sagt sie.
„Das ist der Moment, in dem andere die Chance haben, sich darauf
einzulassen, wodurch sich für mich neue Sichtweisen erschließen.“
Studiovisit: Freitag, 20. 11., 11 Uhr
Klaus D. Zimmer - Der Biker
Wie viel Platz braucht man zum Downhillen? Nun, ein richtiger
Bikepark wie der am Semmering mit seinen eingebauten Rampen, Schanzen
und Singletrails mitten im Wald ist natürlich ideal. Zur Not tut’s aber
auch ein Raum, findet Klaus D. Zimmer und funktioniert sein 100
Quadratmeter großes Atelier in der Westbahnstraße im siebten
Bezirk
ab und zu schon mal zum Mountainbikerevier um. Denn Kunst und
Mountainbiken gehen für ihn dort wie da eine Symbiose ein, ob der
Zusammenhang nun auf den ersten Blick so
augenfällig ist wie im Atelier oder
Ausstellungsraum oder erst auf den zweiten Blick, und das auch nur für Kunstinsider, sichtbar ist.
Für
den gebürtigen Deutschen, der seit seiner Studienzeit in Wien lebt,
steht die Auseinandersetzung mit Geschwindigkeit, Dynamik und
Fortbewegung seit vielen Jahren im Zentrum seiner Kunst. „Ich
beschäftige mich tagtäglich damit“, sagt er. Damit befindet sich Zimmer
in guter Gesellschaft und in einer Tradi-tion, die auf die US-Kunst der
1960er- Jahre zurückgeht, sei es die Pop-Art, Konzeptkunst oder die
Hard-Edge-Malerei. Ein mehrjähriges Fotoprojekt etwa widmete er
parkenden Autos, Lieferwägen, Lkw. Was ihn am Biken interessiert? „Mich
interessiert dieses Spannungsfeld außerhalb des urbanen Raums“, sagt
er. „Beim Mountainbiken sitzt du nicht immer auf dem Rad, sondern bist
auch oft zu Fuß unterwegs. Da gibt es lange Einheiten, wo du das Bike
nur bergauf schiebst und viel Zeit zum Nachdenken und Konzipieren hast.
Dann, beim Bergabfahren, wird der Kopf plötzlich ganz frei! Das ist gut
für die Kunst!“ Der Output sind Zeichnungsserien, Fotos und
Installationen, die von der Künstlichkeit, Konstruiertheit und den
Fantasien dieser Freizeitentwürfe mitten in der Natur erzählen und sie
auf diese Weise zurück in den
urbanen Kontext einschleusen.
Studiovisit: Mittwoch, 18. 11., 15 Uhr