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Quer durch Galerien: Galerie Steinek, Galerie Chobot

Maßeinheit der Peinlichkeit

Von Claudia Aigner

Debattieren Sie mit!"Entschuldigung, aber dein Y-Chromosom hängt raus." - "Wo?" - "Da unten." Das hört man selten. Weil die Menschen meistens zu höflich und diskret sind und weil es ihnen ja auch selber peinlich ist, wenn sie irgendein Chromosom bemerken, das jemandem halt so herausgerutscht ist. Außerdem würde dem so Angesprochenen nichts anderes übrig bleiben, als sein Chromosom, peinlich berührt, wieder hineinzuschubsen und mit Schamesröte im Gesicht die Flucht zu ergreifen.
"Flagrants délits" - zu Deutsch in etwa: "auf frischer Tat". Ilse Haider (bis 19. Juli in der Galerie Steinek, Himmelpfortgasse 22) hat mit ihrem Fotoapparat ein paar Leute in flagranti dabei erwischt, wie sie sich gerade in genierlichen Situationen befinden. Nur dass sie sich sozusagen keiner frischen Tat bewusst sind. Ein gewisser Karl sitzt etwa nichts ahnend auf seiner Picknickdecke, während aus seiner Turnhose die mittlere von seinen unteren Extremitäten herauslugt. Ach, was soll's: Bevor mir noch die Euphemismen ausgehen, um mit Sitte und Anstand um den heißen Brei herumzureden, nennen wir den heißen Brei ein für alle Mal beim Namen: äh . . . "Herr Huber." Das recht humorvolle Spiel mit den Schamgefühlen des Betrachters (und mit seinem Voyeurismus, also seinem Bemühen, ein corpus delicti, zum Beispiel einen Herrn Huber aufzuspüren) ist Ilse Haider durchaus gelungen. Für den flüchtigen Blick harmlose, nette Bildchen haben es also plötzlich "in sich". Mir persönlich stößt freilich der Herr Huber doch irgendwie unappetitlich auf.
Um einiges appetitlicher: jener Push-up-BH, der so motiviert hochhievt, dass oben schon ein bissl zu viel wieder heraushüpft. Das sinnliche Stück ist auch in natura da. Ein BH, der mit lauter abgeschlagenen Wattestäbchen-Köpfchen beklebt ist. Wattestäbchen sind ja bekanntlich Präzisionsinstrumente für die detaillierte, "körperinterne" Sauberkeit, mit denen sich die Hygiene vorzugsweise Zutritt in die Privatsphäre des Ohres verschafft. Wenn man so will, ist das Wattestäbchen die Maßeinheit der Körperhygiene (wie die Kaffeebohne oder die Zigarette hierzulande die Maßeinheit der Pausenkultur ist). Und dementsprechend pikant. Trotz eines frühkindlichen Wattestäbchentraumas (mein Trommelfell hat in frühen Kindertagen immer verzweifelt versucht, diese zudringlichen Dinger wieder hinauszurempeln) empfinde ich den BH, wo sich quasi unzählige Watteköpfchen auf die Frau stürzen, als sehr reizvoll.
Wenn einem die Natur und die Kultur gleichzeitig "kommt": Herbert Brandl (bis 19. Juli in der Galerie Chobot, Domgasse 6) fantasiert und blödelt ein bisschen mit Tusche herum. Ein lockeres zeichnerisches Herumplappern sozusagen. Strommasten in der Landschaft, "Gynäkologisches", ein Phallushaus mit ratlosen Menschlein davor. Verglichen mit den imposant landschaftlichen, malerisch brillanten Bildern, die man von ihm kennt: eher ärmlich. Ein Satz auf einem Blatt ist freilich köstlich: "Grün riecht übernatürlich." Bei Jiri Dokoupils Zeichnungen ist der Abstand zum "richtigen Dokoupil" fast noch größer. Da sag ich lieber gar nichts (weil ich den Dokoupil mag).

Erschienen am: 12.07.2002

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