Alles begann in No. 13, auf zwölf Quadratmeter. In einem
engen, angerammelten Hotelzimmerchen in Paris, im "Carcassonne", 24 Rue
Mouffetard. Dort hauste Daniel Spoerri Anfang der sechziger Jahre, damals
noch eher Ballett-Tänzer als "Fallensteller", heute Altmeister und
lebendes Relikt des von ihm mitbegründeten "Nouveau Réalisme",
Restaurantbesitzer und italophiler Bonvivant.
Doch in dem kleinen Chambre No. 13 entwickelte er für die
damalige Kunst Bahnbrechendes: Er klebte von ihm erjagte und vorgefundene
Alltagsgegenstände auf Tischplatten, Holzbretter, in Schubladen und hängte
diese wunderlichen Ansammlungen an die Wand - voilà, das "Fallenbild" war
geboren, einfach, aber genial, in jeder jüngeren Kunstgeschichte
verzeichnet.
Als Freund Tinguelys, Dieter Roths, Meret Oppenheims
prägte er die damalige Künstler-Szene, seine Anekdoten, die er heute
umringt von Bewunderern gerne ein wenig selbstverliebt zum Besten gibt,
lassen die Zeit, als Provokation in der Kunst noch funktionierte, wieder
aufleben.
Heute ist man gesättigt. Auch gesättigt von Spoerris
Fallenbildern, seiner Eat-Art und vom "Nouveau Réalisme", der das Abbild
verweigerte und den Alltag ins Museum brachte. Die Rezepte haben sich
geändert, wer da nicht mitmischt, wirkt schnell verstaubt. So glänzen
Spoerris Arbeiten der letzten Jahre nicht gerade durch neue Einfälle. Er
bleibt seiner Schiene treu, sammelt, arrangiert, fixiert.
Optische Täuschungen
Zur Zeit sind fast 30 Werke Spoerris an einem
überraschenden Ort materialisiert: in der Südsteiermark, im Kunsthaus
St. Ulrich im Greith, das - in dem Umfeld fast futuristisch anmutend
- vor drei Jahren von Szyszkowitz-Kowalski aus Glas, Holz, Ziegeln
errichtet wurde. Neben teils kitschigen, teils angenehm unangenehm
berührenden Collagen und Setzkästen jüngeren Datums, finden sich auch
ältere "Detrompe-l'oeils", in denen der Schweizer optische Täuschungen mit
ironischen Zutaten enttarnt hat.
Herzstück der Schau, die Daniel Spoerris Kurator Pavel
Schmidt zusammengestellt hat, ist das 1998 maßstabsgetreu rekonstruierte
"Chambre No. 13", die Keimzelle von Spoerris Kunst. Erstmals ist es in
Österreich zu sehen - und bietet auch eine neue Sichtweise: Von der
Kunsthaus-Galerie kann man aus der Vogelperspektive in das Zimmer blicken,
das ein eigenes Museum für sich darstellt.
Alles hat der junge Künstler damals hier fixiert und
teilweise aufgehängt - das Frühstück seiner Freundin, sein eigenes Mahl,
Werkzeugkisten. Regale, Wände, alle Flächen sind vollgeklebt mit skurrilen
Fundobjekten. Hier spürt man noch den Hauch des von seiner Idee
Besessenen. Warum er diese herrlich dichte Wunderkammer in Bronze gießen
und in seinen italienischen Skulpturenpark integrieren mußte, kann man ihn
am 21. Juli in Greith selber fragen. Denn dort wird um elf Uhr der
Besuch des Objekt-Fürsten himself erwartet.
Mi. bis So. von 10 bis 17 Uhr.
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