Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit. Das
haben in den Siebzigerjahren die Jünger der gesellschaftspolitischen
Ideen von Joseph Beuys verbreitet. Immer mehr kommt Kunst heute vom
Handeln, wenn auch der Rollentausch mit anderen selbst Thema ist. Jens
Haaning aus Kopenhagen und Antje Schiffers aus Berlin haben von einem
weiteren alten Strategen Methoden übernommen: Schon Günter Wallraff bot
seine Dienste an – nun dienen sie aber nicht mehr der Aufdeckung von
Unrecht im Staat, sondern der bildenden Kunst im Grenzbereich.
So hat sich Schiffers auch keineswegs im
Verborgenen in der Reifenfirma "ContiTech" in Hannover als
Werkskünstlerin beworben. Sie bemalt die Messestände, die Wände der
Werkshallen nach den Wünschen der internationalen Belegschaft und
kassiert dafür ein Gehalt, obwohl die Stelle gar nicht existierte.
Im Hauptraum der Secession werden fünf bäuerliche Unternehmen aus
Niederösterreich und der Steiermark von Schiffers zum "Großen
Bauerntheater" inszeniert.
Mit Kulissen von Volksbühnen und Staffagemalerei nach Heimatfilmen
verbindet sie ihr Tauschgeschäft mit den Betroffenen: Sie malte deren
Höfe, und für das Gemälde tauschte sie von den Bauern gedrehte
Dokumentationsfilme ihrer Arbeit am Feld, im Weingarten, in der Küche
ein.
Überschneidende Arbeitsfelder
Das ist nicht mehr die aufgesetzte gut gemeinte Projektion von John
Ruskin und den Präraffaeliten mit Malkursen für die Arbeiter im 19.
Jahrhundert, sondern auch ein Grenzübertritt der Arbeitsfelder.
Natürlich muss Schiffers Malerei immer realistisch bleiben, abgehoben
abstrakte Konzepte hätten wohl keinen Tauschwert.
Ethnografisch arbeitete Schiffers schon in den Neunzigerjahren in
einem abgelegenen mexikanischen Dorf: Sie zeichnete die dortigen
Pflanzen, lernte die Umgangsformen, baute für die Bewohner eine
Dunkelkammer und ließ sie fotografieren und in Filmen dokumentieren.
Diese Ergebnisse machen aus dem Galerieraum ein kleines
Naturalienkabinett, jedoch mit dem heute unumgänglichen ökonomischen
Verweis.
Diese neuen Programme der Ausstellungen des neuen Vorstandes der
Secession wollen mehr Öffentlichkeit einbeziehen und planen ab 20. Juli
auch urbane Interventionen.
Mit der Arbeit von Jens Haaning wir der Kunsttempel aber auch
kritisch betrachtet: Er stellt das reale Durchschnittseinkommen eines
Österreichers pro Jahr aus: Geldscheine in einem Rahmen – und da sie
echt sind, müssen sie bewacht werden. Inhaltlich reduziert ist die
Intervention aber doch nicht, Geld und Goldbarren waren schon bei Chris
Burden oder Andy Warhol ein Thema. Und wie textete Beuys so schön:
"Kunst = Kapital."
Antje Schiffers
Jens Haaning
Secession
Zu sehen bis 9. Sepember
Spannendes Ausschreiten
von Grenzbereichen.
Donnerstag, 05. Juli 2007