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Walter Koschatzky - Altmeister der Grafik

Walter Koschatzky war von 1962 bis 1986 Leiter der Wiener Albertina und trug in dieser Zeit wesentlich zum internationalen Ruf des Hauses, zur Erweiterung dessen Sammlungen und zum Interesse an den grafischen Künsten bei.

Wien (APA) - Unter den mehr als 100 Ausstellungen seiner 25-jährigen Direktionszeit führten Präsentationen, die Dürer, Rembrandt, Klimt oder Schiele gewidmet waren, nicht nur die monografischen Stärken der Sammlung ins Bewusstsein.

Der Kunsthistoriker wurde am 17. August 1921 in Graz geboren. Er absolvierte sein Studium der Kunstgeschichte, Geschichte, Archäologie und Philosophie an der Universität Graz, wo er 1952 promoviert wurde. Sein Studium verdiente sich Koschatzky unter anderem als Jazzmusiker. 1953 wurde der junge Doktor in den Landesdienst aufgenommen, wo er 1956 die Leitung der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum übernahm und seither parallel zu seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter zahlreiche kunsthistorische Kurse und Arbeitskreise an der Grazer Urania abhielt.

1962 übernahm er die Leitung der Albertina. Mit Ausstellungen, die den verschiedenen Techniken und Epochen der Grafik gewidmet waren, schuf Koschatzky ein verbreitertes und differenziertes Interesse an den grafischen Künsten. Seine wissenschaftlichen Publikationen wie "Die Kunst der Graphik", "Die Kunst der Zeichnung", "Die Kunst des Aquarells" und "Die Kunst der Photographie" zählen zu den kunsthistorischen Standardwerken.

Koschatzkys besondere Zuwendung galt den österreichischen Künstlern des 19. Jahrhunderts, deren Stellenwert nicht zuletzt durch seine Publikations- und Ausstellungstätigkeit ins Bewusstsein gerückt wurde. So gestaltete er etwa Ausstellungen zu Rudolf von Alt und Thomas Ender oder die Schau "Das Jahrhundert des Wiener Aquarells". Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder zählt besonders Präsentationen von Albrecht Dürer 1971 und Peter Paul Rubens 1977 sowie die von Maria Theresia-Ausstellung 1980 im Schloß Schönbrunn zu Höhepunkten von Koschatzkys Amtszeit. Sein Augenmerk galt aber auch der Geschichte des Hauses, dem er vorstand, und der Familie des Gründers: "Meine wahre Liebe gehörte unserem Herzog Albert von Sachen-Teschen", schrieb er einmal.

Sein Wissen und seine Kunstauffassung gab der charismatische Kunsthistoriker auch in Vorlesungen an der Wiener Universität weiter sowie in Fernsehauftritten wie der Kunstreihe "Telemuseum" und Rundfunksendungen wie den "Kunsthistorischen Spaziergängen". Außerdem ist nach ihm ein seit 1993 vergebener Preis für die Verwirklichung einer ganzheitlichen Buchidee benannt, in dessen Jury der frühere Albertina-Direktor den Vorsitz führte.

Koschatzky war Hofrat, Professor und Träger zahlreicher auch internationaler Auszeichnungen, darunter des Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse, des großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland, der Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold und des Großen Silbernen Ehrenzeichens der Republik Österreich. 2001 wurde er mit dem Ehrenring seiner Geburtsstadt Graz ausgezeichnet, im Vorjahr mit einem "OscArt" für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Kunstpublizistik.
Aus seinem Leben erzählte Koschatzky anekdotenreich in seinem Buch "Faszination Kunst - Erinnerungen eines Kunsthistorikers", das anlässlich seines 80. Geburtstags 2001 bei Böhlau erschienen ist.
2003-05-09 15:10:38