Salzburger Nachrichten am 10. Februar 2006 - Bereich: Kultur
Ein Helikopter für Mozart

Ein Geschenk für Mozart lässt Salzburg staunen - denn die Gabe zum Geburtstag ist ein Helikopter. Er soll ab Mai, auf den Rotorblättern liegend, vor Mozarts Denkmal stehen.

heinz bayer Interview Von Mai bis Juni findet in Salzburg erstmals das Festival Kontracom06 statt (siehe Kasten). Ein wesentlicher Teil des Kunst-Happenings sind "Interventionen" auf öffentlichen Plätzen. Um jene der Italienerin Paola Pivi ist nun ein Streit entbrannt. Sie will Mozart ein besonderes Geschenk vor das Denkmal auf dem Mozartplatz legen: einen 20 Meter langen, auf dem Kopf stehenden, gelben Hubschrauber. Im Herbst 2005 sprach sich Salzburgs Stadtpolitik einstimmig für das Festival und dessen Konzept aus. Nun gehen SPÖ, ÖVP und FPÖ auf kritische Distanz - zumindest was den Standort des Helikopters betrifft. Die Bürgerliste spricht deshalb von politischer Zensur. Die SN fragten den Kurator des Festivals, Max Hollein.

Bestehen Sie auf den Mozartplatz als Standort oder gibt es Alternativen. Diese werden von Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden ja angeboten. Hollein: Die Diskussion kommt verfrüht. Mir ist klar, dass es bei Kunst im öffentlichen Raum immer Diskussionen gibt. Derzeit sind wir dabei, logistische und statische Probleme zu lösen. Der Ort wurde von der Künstlerin bewusst gewählt. Die Verengung des Platzes ist Teil der Arbeit. Es geht um eine Transformation der Örtlichkeit. Jetzt müssen wir erst einmal den Helikopter von England nach Salzburg und dann in Salzburg auf den Mozartplatz zu bringen. Aber ich bin sicher, dass es klappen wird.

Die Mehrheit der Stadtpolitik übt sich aber jetzt im Salto rückwärts und will den Hubschrauber nicht mehr auf dem Mozartplatz haben. Hollein: Das kann ich nicht erkennten. Sicher gibt es derzeit, nach den Berichten in Ihrer Zeitung, eine kleine Aufregung. Aber die Politik und die öffentlichen Einrichtungen der Stadt haben in der Zeit der Vorbereitung immer sehr positiv mitgearbeitet. Darüber bin ich glücklich, weil das in Salzburg nicht grundsätzlich zu erwarten ist. Salzburg muss mit der Frage der Kunst im öffentlichen Raum sehr sensibel umgehen. Denn es gibt ja schon gewisse Vorurteile aus der Außensicht: wegen der Vorfälle um die Statue "Arc de Triomphe" der Wiener Künstlergruppe "Gelatin" im Sommer 2003 vor dem Rupertinum und der Mozart-Statue von Markus Lüpertz.

"Die Politik ist nicht die erste Instanz zur Beurteilung der Kunst" Welche Vorurteile? Hollein: Nun, die Wahrnehmung dieser beiden Vorfälle von Außen ist - zugegeben - überspitzt. Aber es ist kein Bild von Weltoffenheit. Salzburg muss da schon Acht geben. Andererseits ist Kunst im öffentlichen Raum immer ein sensibles Terrain. Aber bei den Arbeiten von Kontracom geht es nicht um Provokation. Es geht darum, gewohnte Plätze auf Zeit anders erfahren und wahrnehmen zu können.

Salzburgs Bürgermeister meinte, einen Hubschrauber auf den Kopf zu stellen und Mozart vor das Denkmal zu legen sei nicht besonders originell. Hollein: Die Politik ist nicht die erste Instanz zur Beurteilung der Kunst.

Was ist nun die Botschaft des umgekippten Hubschraubers? Hollein: Es geht um Poesie, auch um die Poesie des Scheiterns. Der Heliktopter steht auf dem Kopf. Wie ein auf dem Rücken liegendes Insekt, hilflos. Andererseits verbindet sich mit dem Wesen der starken Maschine die Sehnsucht, sich aus eigener Kraft in die Luft erheben zu können. Dass die Stadtverwaltung und die Politik nicht in die tiefsten Tiefen eines Projekts vordringen, ist mir klar. Aber Salzburgs Politik zeigt guten Willen. Ich bin deshalb sicher, dass alle geplanten Projekte stattfinden.