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Die Oralität des Teetrinkens

Von Claudia Aigner

Debattieren Sie mit!So schamlos wie das Porzellangeschirr von Margit Denz (bis 28. April in der Galerie V&V, Bauernmarkt 19) ist ansonsten nur die Göttin Baubo, die so gern ungefragt ihre intimste Körperöffnung herzeigt. Die legendäre, mit Fell überzogene Tasse von Meret Oppenheim mag ja eine Spur erotischer sein, ihre sexuelle Bedeutung ist aber so unmittelbar nachvollziehbar wie der Sexappeal eines Neandertalers (also eigentlich erst nach längerem Grübeln, wo einem dann der Knopf aufgeht, dass der Löffel, mit dem man in der Tasse umrührt . . . - also dass hier die Ehe zwischen einer Kaffeetasse und einem Löffel vollzogen wird.)
Bei Margit Denz, die auf allersinnlichste Weise die uralte Einheit von Essen und Erotik zelebriert, ist alles eindeutig. Nicht zuletzt, weil Denz mit erogenen Zonen von bestürzender Originaltreue (die von echten weiblichen Intimitäten abgegossen wurden) nur so um sich wirft. Da kann eine Teekanne mit so vielen Schamlippen übersät sein, wie der Argus Augäpfel hat. Wenn da die Schwiegermutter einmal zu Besuch kommt, dann werden die Teesackerln wohl außen an der Kanne herunterhängen.
Tassen nähert man sich ja bekanntlich oral. Denz hat den "Oralitätsfaktor" des Trinkens aber noch verschärft: Ihre Trinkschale küsst einen zurück. Jedenfalls hat sie drinnen gespitzte Lippen. Denz versteht es, unverfrorene Obszönität mit der kühlen Glätte des Porzellans zu paaren. Und wenn eine formschöne mandelförmige Dose drinnen voller spitzer Zähne ist, dann hätte sie statt "Eiserne Jungfrau" genauso gut "Vagina dentata" heißen können. Wer da drin einen Ring aufbewahrt, bekommt ihn wohl nur noch mit einem Zahnstocher heraus. Irgendwie "fruchtbarkeitskultig".
Familienidyll wie aus dem Bestellkatalog: Eine Konfektionsgröße 36 läuft mit ihren perfekten Kindern und ihrem Ehemann, der neben dem Y-Chromosom natürlich auch das W-Chromosom (das Waschbrettbauch-Chromosom) enthält, ins Meer. Und das auch noch in einer perfekt kalkulierten Komposition. Vor den Bildern von Tim Stoner (bis 28. April bei Kerstin Engholm, Schleifmühlgasse 3) kneift man instinktiv die Augen zusammen. Aber nicht nur, weil man bei so viel Perfektion fast erblindet. Stoner setzt den Betrachter quasi auch dem Lichtblitz nach einer Atombombenexplosion aus. Den Gegenlichteffekt mit allen Konsequenzen für die Farbigkeit (dass also die Menschen dunkle Schemen vor gleißendem Licht sind) weiß Stoner voll auszukosten.
Vielleicht sollte man ja peinlich berührt sein, wenn im Opus "Wiedergeburt" ein Liebespaar im Hallenbad dem chlorierten "Fruchtwasser" entsteigt und in einer kitschig-idealen Demonstration von trauter Zweisamkeit sogar die Wellen, die das Paar hinterlässt, harmonisch ineinander fließen. Komposition, dekorative Schönheit und Farbigkeit sind aber so überwältigend, dass mir das, gelinde gesagt, Wurscht ist.
Gisela Erlacher (bis 28. April in der Fotogalerie, Währinger Straße 59) sammelt mit einer entwaffnenden Besessenheit Einfamilienhäuser (allerdings nur mit dem Fotoapparat). Fazit: Der Traum vom Eigenheim geht architektonisch bei größtmöglicher Gleichheit so ungleich wie möglich aus. Auf allen Fotos herrscht sogar dasselbe Wetter.
Vor der Perspektive sind alle Räume gleich: Doris Krüger "pflückt" sich ihre Räume zwar aus dem Internet, schiebt die einzelnen Wände dann aber als Prints ganz altmodisch, nämlich analog (quasi "zu Fuß"), im immer gleichen Guckkastenschema herum. Eine stille, aber nicht uninteressante Schau über das "Allgemeinhäusliche".

Erschienen am: 20.04.2001

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