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Danielle Spera: "Museum liegt mir seit Jahren am Herzen"

29.06.2010 | 15:12 |  (DiePresse.com)

Am Donnerstag übernimmt Danielle Spera die Leitung des Jüdischen Museums Wien. Ihren ersten Arbeitstag hat die langjährige ORF-Journalistin bereits geplant, auch beim Ausstellungsprogramm will sie einiges verändern.

Für ihren ersten Tag als Museumsdirektorin hat die frühere "Zeit im Bild"-Sprecherin Danielle Spera einen Workshop mit den Kuratorinnen und Kuratoren, mit dem künstlerischen und wissenschaftlichen Team des Museums geplant. "Ich habe mir vorgenommen, in den ersten beiden Tagen meine Pläne mit den Ideen und Projekten der Kuratoren abzustimmen und ihnen mein Konzept vorzustellen", sagte die 52-Jährige, die am Donnerstag die Leitung des Jüdischen Museums in Wien von Karl Albrecht-Weinberger übernimmt.

Zu diesem Konzept gehört auch, "das Museum zu öffnen und die Menschen einzuladen, hereinzukommen". "Ich möchte die wunderschöne Vitrine mit Objekten aus der Sammlung Max Berger besser kontextualisieren. Wenn Sie sich nicht den Hör-Guide nehmen oder das Erklärblatt, wissen Sie im Moment nicht: Wozu dienen die Objekte? Was ist ihre Geschichte, ihr Ursprung?", so Spera zu den von ihr geplanten Veränderungen. Von diesen besseren Erklärungen der jüdischen Ritualgegenstände könnte man dann gleich zu den jüdischen Feiertagen übergehen und erläutern, wieso diese gefeiert werden.

An aktuelle Ereignisse anknüpfen

Unter ihrer Leitung, soll das Programm des Jüdischen Museums auch an "aktuelle Ereignisse, wie etwa rund um die Gaza-Flotte" anknüpfen. "Da kann man selbstverständlich Diskussionen machen", so Spera. Viele Anknüpfungspunkte und Möglichkeiten für "Querverbindungen" sieht sie aber auch zu anderen Museen. Um die jährlichen Besucherzahlen des Museums und der angebotenen Veranstaltungen von rund 100.000 Personen zu steigern, setzt die neue Chefin auf Schüler und Tourismus: "Ich bin sehr froh darüber, dass dieses Museum zu einem großen Teil von Jugendlichen, von Schulklassen besucht wird. Da möchte ich noch mehr ansetzen und auch mit Tourismus-Einrichtungen enger zusammenarbeiten." So soll auch der Internetauftritt des Jüdischen Museums verbessert und aktueller gestaltet werden. "Das ist vor allem als Einstiegsdroge für Jugendliche wichtig", erklärt Spera.

Eine fixe Besucheranzahl, die sie erreichen möchte, habe sich Spera aber noch nicht gelegt. Vorerst möchte sie sich ein konkretes Bild machen, auch über Besucherzahlen der einzelnen Standorte. "Der Judenplatz ist ein wunderbarer Ort. Wir haben die Synagoge, die immer größeren Zulauf hat. Daran sieht man, dass die Menschen gerne mehr vom Judentum wissen wollen", so Spera.

Weniger Wechsel-, eine aktuelle Dauerausstellung

Eine von Speras größten Veränderungen soll jedoch eine neue, aktuelle Dauerausstellung sein, die "das jüdische Leben in Wien heute zeigen wird". Das ist nämlich ein Aspekt, den Spera heute im Museum vermisse. Wechselausstellungen wolle die neue Chefin dafür nicht mehr so viele machen, vor allem auch, weil das Jüdische Museum da nicht mehr mithalten könne. So hätte sie zum Beispiel gerne die Berliner Ausstellung "Koscher & Co", die viele Parallelen zum Christentum und zum Islam aufzeige, nach Wien geholt. Doch, das hätte 800.000 Euro gekostet, "das ist das Doppelte unseres Ausstellungsbudgets, das wir für beide Häuser am Judenplatz und in der Dorotheergasse haben".

Als Jahresprogramm denkt Spera derzeit an zwei Wechselausstellungen, wobei sie "ein starkes Gewicht auf den Judenplatz legen" möchte. "Die meisten Leute wissen nicht, dass es dort ein Museum gibt, eine Synagoge aus dem Mittelalter. Auch dort werden wir an einer neuen Dauerausstellung arbeiten, um das Judentum im Mittelalter besser zu präsentiere."

Was sich Spera "gleich abschminken" muss

Auf die Frage, wieso sie sich gerade für das Jüdische Museum beworben habe, meinte Spera: "Dieses Museum liegt mir am Herzen. Es liegt im Zentrum von Wien, es ist ein wunderschönes Palais. Hier kann man wirklich einen Ort der Begegnung, des Dialogs schaffen. Ich sehe auch bei den Menschen ein großes Bedürfnis danach. Ich bin auf dem Weg hierher von so vielen Leuten angesprochen worden, die gesagt haben: Wir kommen nächste Woche!"

Im Vergleich zu ihrem früheren Job, müsse sich Spera eines "gleich abschminken". Nämlich, dass es in einem Museum nicht so zugehen würde, wie bei der "Zeit im Bild". Während sie früher "jeden Tag mit vollem Elan etwas Neues schaffen" konnte, könne man in einem Museum nur "längerfristig planen".


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