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Kunstberichte

Im Beutel des Kängurus

Aufzählung (cai) Wie viele Wurschtsemmeln gehen in einen Chihuahua maximal hinein? Keine Ahnung. Bin ich der Inder? Obwohl: Da wär’ eher die Sasha Walleczek zuständig. Denn der Inder hätte ja bloß eine Antwort auf die Frage: "Du, sag amal, würdest du mich immer noch anrufen, wenn ich dein Schnuckiputzi mit Wurschtsemmeln zwangsernähren tät’, bis es platzt wie ein Straußen-Ei im Mikrowellenherd?"

Um das Fassungsvermögen von Hundemägen geht’s hier freilich eh nicht. Doch ich wage zu behaupten, dass die komplette Ausstellung, die in der Galerie Gans zu sehen ist, in einer Hunde hütte Platz hätte. Alle 75 Arbeiten. Die Technik ist klassisch. Wie, am End’ "Extrawurst und Gurkerl in Semmel"? Nein: "Tusche und Acryl auf Leinwand." Gut, es sind Minigemälde. Oft nicht größer als ein Keks. Aber auf die Größe kommt es ja bekanntlich nicht an. Irgend so ein japanisches Insekt, das mickriger ist als ein Floh auf einem Chihuahua, kann einen Wald durch beständige Penetranz angeblich schneller roden als der saure Regen. (Okay, Godzilla ist g’schwinder.)

Und der Herwig Zens ist auch im Keksformat ein begnadeter Kritzler, der mit der Tusche rasant über die weiße Fläche zuckt und seine flüchtigen Notizen (Landschaften, Mumien, alte Meister) mit Farbakzenten aufpeppt. (Seine ausgewachsenen Bilder malt er ja gern gnadenlos zu. Da sollte ihm halt jemand zwischendurch die Farbtuben verstecken wie Ostereier.) Hm, ist das da eigentlich a) ein Chihuahua, vor dem einer mit einem Wurschtblattl herumwachelt, oder b) eine Stierkampfszene? Ich bin mir ziemlich sicher: b. Wie viele Wurschtsemmeln kriegt man übrigens in ein Rotes Riesenkänguru hinein? Na ja, käme darauf an, wann einen dieser überzeugte Vegetarier k. o. schlägt. Aber im Beutel brächte man alle 20 Klöster vom Berg Athos locker unter. Die ganze Bilderserie. Theoretisch. Ausprobieren sollte man das ja eher nicht.

Galerie Gans

(Kirchberggasse 4) Herwig Zens Bis 21. Jänner Di. – Fr.: 12 – 18 Uhr Sa.: 12 – 15 Uhr

Die drei Grazien

Aufzählung (cai)Wallenstein, das ist der, der gewisse Pappenheimer persönlich gekannt hat. Robert Mittringer kennt seine Pappen deckel aber noch viel persönlicher. Schließlich hat er schon jede Menge davon demonstrativ nicht ins Altpapier entsorgt, sondern mit dezenten Eingriffen (Stoffstreifen etc.) zu schlichten Kunstobjekten verklärt, die etwas Menschliches an sich haben. Sein strenges Kartontrio könnte durchaus die minimalistische Antwort auf die drei Grazien sein. Noch dazu hat er den nackerten Karton mit Leim bestrichen, als wär’ das eine Sonnencreme. Geradezu erotisch. Abstrakte Akte. Seine Holzkreuze freilich sind ungewohnt leger. Ja dürfen die denn so knallig sein? Obendrein sind sie geknickt. Die sitzen. Wie die Kantenhocker in kitschbereiten Haushalten. Ob hier ein religiöses Symbol zum Gag verkommt oder bloß von seiner Steifheit befreit wird, weiß ich echt nicht. Das gelbe Kreuzerl, das frech auf einem blauen Rahmen hockt, ginge aber ohne weiteres als künstlerische Interpretation der schwedischen Fahne durch.

Kro Art Gallery

(Getreidemarkt 15) Robert Mittringer Bis 16. Jänner Di. – Fr.: 14 – 19 Uhr Sa.: 11 – 15 Uhr

Zimmerlautstärke

Aufzählung (cai) Die schauen hochpsychologisch aus, die feinsinnig komponierten Fotos von Laura Ribero. Besonders die mit der klaustrophobischen Atmosphäre, wo sich die Frauen unters pittoreske Gerümpel mischen. Sich selbst inszeniert Ribero in etwas luftigerer Umgebung (zwängt sich aber einmal in ein Fach im Kasten hinein). Melancholisch schaut sie aus dem Fenster, als stünde sie Vermeer Modell. Sehr ästhetische Arbeiten, wo man halt noch Muße hat, sich hinzuhocken, um am gefallenen Laub zu riechen. Angenehm still.

Galerie Winter

(Breite Gasse 17) Laura Ribero Bis 24. Jänner Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr Sa.: 11 – 14 Uhr

Printausgabe vom Mittwoch, 14. Jänner 2009

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