Quer durch Galerien: Fotogalerie, artLab, Galerie Chobot
Sprachinsel im Suppenteller
Von Claudia Aigner
Eine Hundehütte, mit einem grasgrünen Teppich überzogen: Gut
möglich, dass das eine Tarnvorrichtung für Jagdhunde ist. Freilich hat es
der Architekt ein bisschen zu gut mit der Tarnung gemeint und nicht einmal
einen Eingang hineingesägt. Der Hund (wenn man das Hütterl über ihn
drübergestülpt hat) ist dann so gut getarnt, dass er seine Tarnung beim
besten Willen nicht mehr aufgeben kann, also quasi Hausarrest in der
Tarnung hat. Ulrika Byttner (bis 30. September in der Fotogalerie,
Währinger Straße 59) macht sich in ihrer anspielungsreichen Installation
auf die Suche nach Bambi und wird fündig wie Reinhold Messner im
Lebensraum des Yeti, verkleidet sich nämlich kurzerhand selbst als Bambi
(was jetzt nichts über Reinhold Messner aussagen soll oder über seinen
Kleidergeschmack). Im Bambi-Video leistet sich die Kamera derartige
Indiskretionen unter dem Bambi-Cape (Prädikat: sexuell besonders
belästigend), dass man titeln möchte: Was Sie schon immer über Bambi
wissen wollten, was Ihnen Felix Salten aber nie gesagt hat (und Walt
Disney schon gar nicht). Zum Beispiel hat dieses Bambi einen regelrechten
"Rotkäppchen-Komplex". Denn abgesehen davon, dass es hier schockierender
Weise gar kein Rehbock ist, ist es in der dazugehörenden
Bühneninstallation offensichtlich auch noch gefressen worden (mit allen
sexuellen Assoziationen, zu denen die Menschheit seit Freud fähig ist).
Auf der Bühne: ein leeres Bambikostüm, ein Warteraumsessel, zwei
Hunde-näpfe, ein Hundeknochen. Der Jäger und die Hunde sind sozusagen
gerade bei Godot, also nicht da (und essen vielleicht gerade Wildbret,
wobei ich mir tiefenpsychologische Gedanken dazu verkneife). Byttner
spielt geschickt mit der Spannung zwischen der potenziellen Anwesenheit
und der faktischen Abwesenheit. (Das "Prinzip Godot".) Ob
Bewegungsmelder oder Wischtücher, die ja irgendwie Bewegungsenergie (vom
Putzen) gespeichert haben: Dem artLab (Dorotheergasse 12) wird bis 22.
September der Bewegungstrieb nicht ausgehen. Thema: Bewegung und
Stillstand. Das typisch orale Verhalten des Menschen (seine Kau- und
Sprechbewegungen) hat es etwa Marie Niollet angetan, die mit Brotteig
"Exit" in phonetischer Transkription an die Wand geschrieben hat. Essen
und Sprechen sind da sinnlich und überaus raffiniert miteinander
ausgesöhnt. Auf tatsächliche Interaktivität hat sie es dabei wohl nicht
abgesehen; das Brot, das gegebenenfalls das Potenzial zur Fortbewegung hat
(als "Verdauungsmigrant"), ist ja mittlerweile ein gefährlicher
Plombenkiller, weil steinhart. Von Silke Maier: ein weißes Quadrat auf
Rollen und mit Fußabdrücken. Da kann man theoretisch mit dem weißen
Quadrat von Malewitsch wie mit einem Skateboard davonrollen. Ein
Suppenteller voller Buchstabensuppe wird sicher nicht als Sprachinsel
anerkannt. Bei Henri Michaux (bis 5. Oktober in der Galerie Chobot,
Domgasse 6) sieht die Sache aber wahrscheinlich anders aus. Besonders bei
seinen wunderbar malerischen Landschaften, in denen sich figural
anmutende, nudelartige Schriftzeichen tummeln, ist man versucht, von einer
visuell-poetischen Konkurrenz zur stocknüchternen lateinischen Schrift zu
sprechen. Wenn's erlaubt ist: von "Makkaroni-Poesie".
Erschienen am: 14.09.2001 |
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