Mit Engeln auf Welterkundung

09. Juni 2010, 19:48
  • Artikelbild: Maria Bussmanns 
Modelle von Realitätsfragmenten: "See gefroren" (2009) - Foto:
 Hilger Contemporary

    Maria Bussmanns Modelle von Realitätsfragmenten: "See gefroren" (2009)


Oben und unten sind in Maria Bussmanns "Himmelfahrt" durchaus austauschbar

Wien - Engelsgleiche Wesen und fragile Flügel sind in der Ausstellung "Himmelfahrt" in der Galerie Hilger Contemporary eine ganze Menge zu sehen. In Maria Bussmanns achtteiliger Serie der Himmelfahrtsbilder streben diese meist aufwärts, häufen sich manchmal explosionsartig an. Bisweilen verschiebt sich - wie im Himmelfahrt Diptych - "oben" und "unten" aber auch: Da schwebt die Jungfrau Maria horizontal. Eine Mutter-Gottes-Darstellung, die trotz eher unüblicher Lage und der Aufteilung des Körpers auf zwei Bildhälften keineswegs blasphemische Züge aufweist.

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"Unten" und "oben" wird von Bussmann poetisch, hintergründig, aber auch spielerisch auf den Kopf gestellt. Ihre Himmelfahrt-Zeichnungen schauen vielmehr so aus, als hätte man einem Kind liebevoll-augenzwinkernd erklärt, wie es sich diese Wunder vorstellen könne.

Gewohnte Hierarchisierungen werden in der Ausstellung jedenfalls ebenso unterlaufen wie die totale Sicht auf die Welt: An den Wänden hängen Skulpturen, oder besser Modelle von Realitätsfragmenten, die die Künstlerin aus Draht, Faden und bemalten Blättern gebastelt hat. Es sind kleine Waldstücke, zugefrorene Seen, Wasserfälle, Weinberge, die Landung eines Flugzeugs, aber auch Hütten und Wege, die wie skulpturale Übersetzungen von Zeichnungen wirken. Im Untergeschoß präsentiert die Galerie Zeichnungen von Bussmann auf Kassarollen: New York - New York auf vier Metern Länge. Das Ewige Rom ist auf 20 Metern dargestellt.

Während Bussmann auch hier in einer fast kindlich anmutenden Weise versucht, sich Städten anzunähern, setzt sie sich parallel dazu schon seit langem mit der zeichnerischen Übersetzung von Philosophie auseinander: "Ich habe mir die Frage gestellt, ob künstlerische Produktivität für sich genommen als gleichwertiger Beitrag zur kunstphilosophischen Diskussion verstanden werden kann oder ob sie nur illustrativ zu einem bereits bestehenden Gedankenkonstrukt hinzutreten kann". Nach Wittgenstein, Merlau-Ponty und Spinoza ist nun im Rahmen ihres mehr auf zeichnerischen Fragen als auf philosophischen Antworten basierenden Übersetzungsprojekts Martin Heidegger an der Reihe. (Christa Benzer / DER STANDARD, Printausgabe, 10.6.2010)

 

Bis 19. 6., Hilger Contemporary, Dorotheergasse 5, 1010 Wien

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