Unkonventionelle Galerie in Warschau
Galerie in Warschau: Tischfußball statt weißer Wände
Von Nina Schedlmayer Galerien, die Kunst verkaufen, stellt man
sich gemeinhin anders vor. Die "Galerie raster" in Warschau hat keine
weißen Wände, keine blank polierten Parkettböden, keine arroganten
Assistenten, die Besucher wie Luft behandeln.
Die Wände sind eher löchrig, der Boden ist
Klebeparkettimitat, das sich langsam von seinem Untergrund löst. Und
Assistenten gibt es gar keine - zumindest nicht an dem Sonntag, an dem
sich die beiden Galeristen Lukasz Gorczyca und Michal Kaczynski zu einem
Treffen vor Ort bereit erklären. Und obwohl die Galerie eigentlich gerade
geschlossen ist, ist sie knallvoll mit Leuten: eine Gruppe von Kuratoren
und Journalisten aus Deutschland hat auf ihrer Polen-Reise Station
gemacht. Für den internationalen Kunstbetrieb ist die Galerie eine der
zentralen Anlaufstellen in Polen. Kein Wunder: seit zehn Jahren zeigen die
beiden jungen Kunsthistoriker Kunst - begonnen hat das, so erzählen sie,
mit Ausstellungen in Garagen. Erst 2001 haben sie fixe Räume dafür
gemietet - zunächst an der stark befahrenen Marszalkowska, seit einem Jahr
in einer etwas ruhigeren Querstraße davon.
Heiße Matches und
Wodka
Unkonventionellen Charme verströmt der Ort. Die Vormieter
dürften einen Hang zum Kabäuschen-Bauen gehabt haben: an den unmöglichsten
Stellen wurden Zwischenwände eingezogen, die die Zimmer in kleine
Einheiten getrennt haben. Die Galeristen rissen diese kurzerhand heraus,
ohne lang zu überlegen - und so zeichnen sich am Plafond die Stellen, an
denen die Wände vorher waren, quasi archäologisch ab. Ähnlich nonchalant
gehen die beiden Galeriebetreiber mit der Kunst selbst um: "Die
Ausstellungen", grinst Kaczynski selbstironisch, "gehen mit der Zeit
kaputt. Am Ende ist die Situation ganz anders als am Anfang." Was sich für
manche nach Ignoranz anhören mag, ist genau das Gegenteil davon:
Schließlich werden die Galerieräume zu allem möglichen benutzt. In einem
steht ein Tischfußball, auf denen sich Galeristen, Sammler und Kritiker
heiße Matches liefern. Im anderen eine Bar, aus der, je nach Bedarf, Wodka
oder Kaffee gereicht wird. Oder eine Vitrine, die aussieht, als würde sie
vom Flohmarkt kommen, in der Multiples von Künstlern stehen: ein Glas mit
einer pinkelnden Frau drauf. Ein Teller mit Zeichnungen von einer Stadt.
In so einem Umfeld muss die Kunst ihre Unantastbarkeit verlieren - da wird
schon mal die Hängung verändert, oder Objekte werden angegriffen. Dass
Lukasz Gorczyca und Michal Kaczynski Kunst und Künstler dennoch hoch
schätzen, wird im Gespräch schnell klar. Während Gorczyca wie der
Intellektuelle im Hintergrund wirkt, kann sein Kollege, das
Kommunikationsgenie, stundenlang euphorisch über die Galeriekünstler
referieren, deren Arbeiten er bis ins Detail kennt. Mit Verve und
Hartnäckigkeit haben die beiden den Sprung auf einen internationalen
Kunstmarkt geschafft, sind heute auf großen Kunstmessen vertreten und
platzieren ihre Künstler in wichtigen Galerien. Der Schwerpunkt ihres
Programms liegt auf jungen Künstlern, inhaltlich sind wenige Grenzen
gesetzt. Neben den Ausstellungen veranstalten die beiden jungen Männer
Konzerte, Parties und "Kaffeekränzchen" - Teil ihres
Vermittlungsprogramms, mit dem sie ein (Sammler-)Publikum "erziehen"
wollen.
Kaum Subventionen
Und wie überlebt man als
Galerie in einem Land, in dem so etwas wie ein Kunstmarkt höchstens
rudimentär vorhanden ist? Mittlerweile wird viel im Ausland verkauft,
Subventionen gibt es so gut wie keine - "Es ist sehr anstrengend, welche
aufzutreiben" -, für einzelne Projekte kooperiert raster mit ausländischen
Institutionen wie etwa dem British Council. *** Derzeit läuft die
Ausstellung "Wiza. Zmierzch. Muzeum" ("Visa. Dämmerung. Museum.") von
Rafal Bujnowski. ul. Hoza 42/8.
Erschienen am: 22.09.2004 |
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