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09. Oktober 2008
17:33 MESZ

Arnold Schönberg Center Privatstiftung, Palais Fanto, Schwarzenbergpl. 6 / Eingang Zaunerg. 1–3, 1030 Wien, Tel.: (01) 712 18 88

Link: www.schoenberg.at

 

 

Zum Bild geronnene Trauer, die nicht mehr komponierbar schien:  A. Schönberg, "Begräbnis von Gustav Mahler" .


Schmerzensschreie, gemalt und komponiert: "Strindberg – Schönberg – Munch"
In seiner Ausstellung geht das Arnold Schönberg Center bislang verborgenen Verbindungen zwischen dem Wiener Komponisten und wichtigen Vertretern der nordischen Moderne nach

Als Gustav Mahler im Mai 1911 starb, ging eine kulturelle Epoche unwiderruflich zu Ende. Abseits aller persönlichen Trauer, die Arnold Schönberg für den zutiefst bewunderten Komponistenkollegen empfunden haben mag, wurde in seinem Kleinen Klavierstück op. 19/6, das er kurz danach schrieb, auch schlagartig klar, dass die letzte Stunde der expressiven Musik nahte. Völlig ausdruckslos und in sich zurückgezogen klingen hier die wenigen fahlen Akkorde.

Dass Schönberg seine Trauer dennoch in das Bild Begräbnis von Gustav Mahler fließen lassen konnte, mochte für ihn die momentane Ausdruckslosigkeit kompensieren. Und immer wieder fühlte sich der Komponist zu bildnerischen Mitteln hingezogen. Das Wiener Arnold Schönberg Center (ASC) hat sich seit seiner Eröffnung vor zehn Jahren auch des bildnerischen Werks angenommen.

Direktor Christian Meyer erklärt dies unter anderem so, dass die Edition von Schönbergs Werken in Berlin und jene der Schriften in Wien - in enger Kooperation zwischen dem ASC und der Musikuniversität - abgewickelt wird: "Um die Bilder, die auch sehr beachtlich sind, hat sich aber niemand so recht gekümmert." Am Center selbst waren dem bildnerischen Werk des Komponisten hingegen bereits zwei große Ausstellungen gewidmet, zuerst 2000 im Kontext mit Wassily Kandinsky und dann 2005 eine große Schau, in deren Rahmen nicht nur alle Schönberg-Bilder ausgestellt waren, sondern auch ein umfassender "Catalogue raisoné" herausgegeben wurde.

Die Kunstverhältnisse

In der neuesten Ausstellung des ASC "Strindberg - Schönberg - Munch" geht es nun darum, das Verhältnis des Komponisten zu dem Schriftsteller Strindberg, der ebenfalls bildnerisch tätig war, und dem Maler Munch zu rekonstruieren. Es sei doch merkwürdig, meint Meyer, dass Schönbergs Bilder "überhaupt nicht verwandt sind mit anderen österreichischen Strängen der Bildenden Kunst, etwa Klimt oder dem eher symbolistischen Jugendstil."

Stattdessen gebe es starke literarische Referenzen, auf die sich sowohl Schönberg als auch seine Schüler Anton Webern und Alban Berg bezogen: "Strindberg war der bedeutendste Literat für die Komponisten der Wiener Schule; sie haben sich, auch in Briefen, über ihn ausgetauscht, jeder von ihnen hatte an die vierzig Bände mit seinen Werken in der Bibliothek."

Ist hier also ein Naheverhältnis zwischen dem Literaten und Schönberg offensichtlich gegeben, so lässt sich die Frage, ob Schönberg die Bilder von Munch gekannt hat, so Meyer, nicht eindeutig beantworten: "Munch war in der Wiener Secession ausgestellt. Es ist zwar in keiner einzigen Quelle belegt, dass Schönberg diese Werke tatsächlich rezipiert hat, aber Schönbergs Tochter, Nuria Schoenberg-Nono, sagt, ihr Vater habe diese gekannt, und er habe auch einen Munch-Katalog zu Hause gehabt." Außerdem wäre da noch das enge Verhältnis zwischen Schönberg und dem Maler Richard Gerstl, bis es zur großen, amourös bedingten Katastrophe kam. "Von Gerstl weiß man es explizit, dass Munch ein großes Vorbild für ihn war. Wenigstens indirekte Bezüge lassen sich also nachweisen."

Die Ausstellung, die von einem Symposion und von etlichen Konzerten (siehe Artikel unten) flankiert wird, versuche nun, Zusammenhänge zwischen zwei oder drei der - zumindest auch - bildnerisch tätigen Künstler aufzuzeigen: "Beim Thema Vampir gibt es eine Verbindung zwischen allen dreien." Daneben wird auch das literarische und musikalische Schaffen der Künstler im Zusammenhang mit den Bildern dargestellt. Ein wichtiges Ziel dabei ist für Meyer, "unsere eigene ästhetische Vergangenheit besser zu verstehen. Die Wiener Moderne ist nicht einfach aus sich heraus entstanden, aus dem Nichts, wie immer wieder gesagt wird. Dass die Nordische Moderne ein Vorbild war - das wollen wir zeigen." (Daniel Ender / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.10.2008)

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