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Prima vista stand dieses Jahr 2003 im Wiener Kunstforum ganz im Zeichen
der Malerei. Da war der Winter mit einer informativen
Impressionismus-Schau über die Rezeption der französischen Erfolgsströmung
in den Vereinigten Staaten und in Russland. Dann folgte ein Schwenk gen
Süden: Noch bis zum Beginn der Sommerferien dauert die große
Futurismus-Ausstellung über die ebenso fortschritts- wie
nationsbegeisterte italienische Avantgarde-Bewegung der 1910er- und
20er-Jahre. Und im Herbst wandert der Blick zuerst in die Schweiz – es
wird eine exquisite Schweizer Privatsammlung vorgestellt – und
anschließend, mit Pop-Vorzeige-Künstler Roy Lichtenstein, zurück in die
USA. Wie gesagt: prima vista. Denn zumal die noch laufende
Futurismus-Ausstellung gibt Gelegenheit für eine Reihe
grenzüberschreitender Events. Neben der Bildnerei spielten bekanntlich
Sprach- und Geräuschkunst, aber auch Film, Foto und Design eine tragende
Rolle – wenngleich sich auch nicht alles gleichberechtigt durchzusetzen
vermochte.
„… darf sich die Geräuschkunst nie auf eine imitative Wiederholung des
Lebens beschränken“, forderte etwa Luigi Russolo, Klang-Beauftragter der
futuristischen Bewegung. Statt dessen brauche es „Brummen, Donnern,
Bersten, Prassen, Plumsen, Dröhnen; Pfeifen, Zischen, Pusten“ etc. Ein DJ
wie Oliver Hangl und Wolfgang Kopper sowie eine, der Gameboy Music
verpflichtete Spielgemeinschaft lassen sich so etwas nicht zweimal sagen
und bestreiten mit diesem Auftrag am 14. Juni eine ganze „Serata
Futurista“. Dazu gibt es stilgerecht futuristisches Essen, futuristische
Drinks und selbstverständliche futuristische Lyrics, vorgetragen vom
„kabinetttheater“.
Klaviermusik, wie sie aus dem Geist des Futurismus geboren wurde, trägt
zehn Tage später Daniele Lombardi im Radiokulturhaus vor. Das Repertoire
des italienischen „Zauberlehrlings neuester Stile und Strömungen“ umfasst
unter anderem avantgardistische Stücke von Henry Cowell, George Antheil,
Arthur Louri, Albert Savinio. Dazu gibt es eine Fülle futuristischer Texte
und Manifeste. Ein Must. turistischer Texte und Manifeste. – Ein
Must.
Mit der Sammlung „Im Obersteg“ kommt eine wahre Preziose aus der
Schweiz. Bis zuletzt war die 1912 von dem Basler Industriellen Karl Im
Obersteg begründete und von seinen Nachfahren weitergeführte Sammlung – zu
ihrem Bestand gehören unter anderem Werke von Picasso, Cézanne, Chagall,
Rodin, Jawlensky, Soutine, Maillol, aber auch Rodtschenko, van Doesburg,
Dubuffet, Tapiès – der Öffentlichkeit praktisch vorenthalten worden. Wer
die Meisterwerke sehen wollte, musste schon zum Gut Wichterheer bei Thun
pilgern. Die im Herbst stattfindende Ausstellung im BA-CA Kunstforum ist
die einzige (!) Präsentation der Sammlung außerhalb der Schweiz. Im
Anschluss an die Wiener Schau wird sie als Stiftung in das Basler
Kunstmuseum integriert.
Das Christkindl bringt schließlich mit Roy Lichtenstein (1923–1997)
einen Klassiker der Pop-Art. Pop as pop can, sozusagen. Nach Andy
Warhol gilt der Jahrgangsälteste der Pop-Generation als einflussreichster
Vertreter seiner Kunstrichtung. Sein Verdienst ist es vor allem, den Comic
monumentalisiert zu haben. Mit der über 50 Arbeiten umfassenden
Retrospektive wird Lichtenstein erstmals in Österreich in größerem Rahmen
vorgestellt. Neben den typischen Sujets der Popkultur – Comicstrips,
Konsumgüter und idealisiert-klischierten Rollenbildern – wird
Lichtenstein auch als ironischer Rezipient der Stereotypen und
Ausdrucksformen der Moderne präsentiert.
Eventkalender
Serata Futurista: Eine futuristische Nacht im BA-CA
Kunstforum mit coolen Sounds, Drinks, Lyrics and Films. Sounds: DJ Oliver
Hangl, Wolfgang Kopper mit der Spielgemeinschaft GB Vienna (Gameboy
Music), FON-Evacuamento. Lyrics: kabinetttheater. Food:
Eichinger & Eichinger. Drinks: Kunstcocktail.14. 6., 19.30–24
Uhr
Salonkonzert Futurismus (im Radiokulturhaus,
4, Argentinierstraße 30a): Daniel Lombardi spielt futuristische
Klaviermusik von Albert Savinio, Silvio Mix, Franco Casavola, Aldo
Giuntini, Henry Cowell, Arthur Vincent Lourie, Alexander Mossolov, George
Antheil. Plus: Revolver-Stories, Geschwindigkeitsreligionen,
Propaganda-Reklame … Mit den Eintrittskarten für das BA-CA
Kunstforum oder das Salonkonzert erhalten Sie in beiden Häusern 50
Prozent Ermäßigung bei Ausstellungs- oder Konzertbesuch; 24.
6.,19.30 Uhr.
Licht aus – Taschenlampe an: für
Kinder von 6 bis 10 Jahren am 28. 6.
„Im Bann der Moderne:
Picasso – Chagall – Jawlensky.“ Meisterwerke aus der Slg. Karl
und Jürg Im Obersteg“ 4. 9.–30. 11.
„Roy
Lichtenstein“: 11. 12.–7. 3. 04
BA-CA
Kunstforum (I., Freyung 8): täglich 10–19 Uhr, Freitag 10–21
Uhr Info: 01/537 33-0 http://www.kunstforumwien.at/
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