03. September 2009 - 00:04 Uhr · Von Irene Gunnesch · Kultur

Haben Sie Sex mit einem Roboter?

Haben Sie Sex mit einem Roboter?

„Ahh“, tönt es, als ich ihm in die Wange kneife. Dieser „Haut“-Kontakt ist seltsam. Es ist, als berührte ich mein mit Gel gefülltes Mouse-Pad. Kühl, plastizid, elastisch. Keinesfalls menschlich, auch wenn es scheint, als wäre seine Mimik muskulär bedingt.

Figürlich nicht ganz ident, aber ansonsten ist der technische Zwilling Geminoid bis ins kleinste Muttermal seinem Schöpfer Hiroshi Ishiguro nachgebildet. Der japanische Universitätsprofessor ist der „Featured Artist“ der Ars Electronica 2009, die heute mit einem Astro-Tagesprogramm (ab 10 Uhr) und mit einer „Sternennacht“ (ab 20 Uhr) auf dem Linzer Hauptplatz eröffnet wird.

„Featured Artist“ – das soll bedeuten, dass besagter Künstler jetzt besonders vorgestellt wird. Tja. Und da wird die Sache zwiespältig, denn: Ist die Entwicklung und Produktion eines technisch und auch äußerlich durchaus überzeugenden Roboterklons tatsächlich „Kunst“?

Wobei mit dieser Frage dem technischen Erfindergeist seine gehörige Portion Kreativität gar nicht abgesprochen sein soll. Aber schließlich hat Kreativität per se noch nichts mit Kunst zu tun.

Förderungsgarant

Und so scheint es (auch) in diesem Fall eher so, dass im weit gespannten Feld des Festivals für Kunst, Technologie und Gesellschaft die Strapazierung des Kunstbegriffs manchmal einfach ein probates Mittel dafür ist, um als Organisator auch an die Kunstförderungen heranzukommen.

Hemmschwellen

Hiroshi Ishiguro jedenfalls hat „Systems Engineering“ studiert. Sein Fachgebiet sind interaktive Robotik und Android-Systeme. Spannend an seinem neuesten technischen Klon: Wir Menschen begegnen ihm mit unseren natürlichen Hemmschwellen. Es ist wirklich nicht ohne, so einem Geminoid in die Wange zu kneifen.

Hiroshi Ishiguro winkt ab, als er gefragt wird, ob er denke, dass sich solche Klone im Bereich Sex etablieren werden: „Nicht bei mir!“ Nun: Bei mir auch nicht. Aber ob wir damit die Mehrheit vertreten?

Quelle: OÖNachrichten Zeitung
Artikel: http://www.nachrichten.at/nachrichten/kultur/art16,253023
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