Von E. SCHLOCKER
INNSBRUCK. Was die beiden von ihrem Herkommen und
Hintergrund so unterschiedlichen Künstler verbindet, ist ihre
Auseinandersetzung mit historischen Phänomenen. Beide sind
eher Sammler und Jäger als Ackerbauern, eher Regisseure als
Produzenten.
Der 1957 in Wörgl geborene, in Wien lebende Werner
Kaligofsky ist Fotograf. Mit der Kamera geht er auf
historische Recherche, um oft in alten, im Fernsehen gezeigten
oder auf Videos übertragenen Filmen fündig zu werden. Diese
mehrfache Transformation der Medien ist wichtig im
konzeptuellen Ansatz Kaligofskys, wie er auch solche Filme
bevorzugt, die sich ihrerseits auf ältere Quellen beziehen.
Etwa Claude Chabrols Dokumentarfilm "L`oeil de Vichy", in dem
es um die Propagandafilme des Dritten Reiches geht. Durch die
Konzentration des laufenden Bildes auf einzelne geronnene
erzielt Kaligofsky ein nicht nur ästhetisch anziehendes
Element der Spannung, vermag er Stimmungen deutlich zu machen,
die sich durchaus auch auf heutige übertragen lassen.
Direkt mit Innsbruck hat Kaligofskys jüngste
Videoinstallation zu tun. "Verkehrsflächen" handelt von acht
Straße bzw. Plätzen, die die Namen von Opfern des
Nationalsozialismus tragen. Die Videobilder entführen an die
oft nicht sehr einladenden, gerne an der Peripherie
angesiedelten Orte. Texte informieren über die Namensgeber,
u.a. die jüdische Philosophin Edith Stein, das Mitglied der
studentischen Widerstandsgruppe "Weiße Rose" Christoph Probst
oder Pfarrer Otto Neururer.
Werner Kaligofskys Bildsprache ist eine ganz klare, wenn
auch nur scheinbar dokumentarische. Wesentlich bunter und
emotionaler, aber nicht minder konzeptionell angelegt ist die
Installation, die Georges Adéagbo in der Galerie im
Taxispalais zeigt. "Das Pythagoreische Zeitalter" ist der
Titel dieser speziell für Innsbruck gemachten Arbeit, in der
es genauso um die Idee des Sozialismus geht wie um den Blick
des Afrikaners auf Europa und umgekehrt.
Das Ergebnis ist ein skurriles Sammelsurium von da wie dort
Gefundenem. Das Gerüst der Installation sind naiv gemalte
Bilder, die ein Schildermaler aus Benin im Auftrag Adéagbos in
liebevoller Akribie gemalt hat. Porträts von Marx und Engels,
von Machthabern genauso wie medialen Kunstfiguren finden sich
hier, gegenübergestellt authentischen afrikanischen Masken
bzw. solchen, die Adéagbo bei europäischen Schnitzern in
Auftrag gegeben hat. Ergänzt wird die bunte, nach einer
exakten Choreografie konzipierte Sammlung durch zahllose
Bücher, Zeitschriften, Zeitungsausschnitten, Postkarten,
Plattenkovers und Gebrauchsgegenstände - etwa einen ganzen
Koffer voll mit Reimichkalendern - , die der Künstler auf
Flohmärkten in seiner Heimat und in Innsbruck gefunden hat.
Ganz bewusst hat der 1942 in Benin geborene Georges
Adéagbo, der in Paris Rechtswissenschaft und
Betriebswirtschaft studiert hat, bevor er 29-Jährig in seine
Heimat zurückkehrte, seine Installation wie eine Kirche mit
Kapellen konzipiert. Denn ein strenges System liegt dem
scheinbaren Chaos zugrunde, ein Spiel mit Strukturen und
Symbolen, mit mythischen Mustern, die offensichtlich allen
Kulturen zugrundeliegen. Adéagbo vergleicht seine gezielt
anachronistische Zusammenstellung mit einem filmischen
Prinzip, in dem die Montage, die Rückblende und der Schnitt
ein vorrangige Rolle spielen. Sein Ziel: Einen Diskurs über
das jeweils Andere zu initiieren.
Galerie im Taxispalais, Maria-Theresien-Straße 45,
Innsbruck; bis 7. Oktober, Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr,
Donnerstag bis 20 Uhr |