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vom 21.09.2005 - Seite 019
Sehnsucht und Angst

Frauenbilder haben sich zwischen dem 19. und dem 21. Jh. nicht so gravierend geändert, wie man annehmen möchte. Im Katalog zur Ausstellung "Harem" analysiert Andrea Winklbauer die Zusammenhänge am Beispiel der Odaliske und der femme fatale.

Die Odaliske, Bezeichung für junge Haremssklavinnen, die zum Favoritinnenkreis des Sultans gehörten, war beliebtes Thema der Malerei des 19. Jahrhunderts. In der Darstellung geht es um Nacktheit und die Betonung von perfekter Schönheit. Mit unbeteiligtem Gesicht überlässt sie ihren Körper der Betrachtung, signalisiert damit einerseits Verfügbarkeit, andererseits Gleichgültigkeit gegenüber Scham und Konvention. Dieses Muster gilt von Delacroix und Ingres bis herauf zu Helmut Newtons Nackten (Bild Mitte).

Die gefährliche Schwester der Odaliske ist die von Salome und Medusa inspirierte femme fatale. Sie verkörpert das Dämonische, Dekadente. Sie verführt aktiv, erzeugt mit ihrer männermordenden Sexualität Angst und Lust zugleich. Hollywood benutzte beide Frauentypen, bediente sexuelle Phantasien wie die Genremaler im Stil des Orients (Greta Garbo als "Mata Hari", Bild oben). Männer-Magazine und Aktkalender bieten nach wie vor Hochglanz-Odalisken an. Nur weibliche Ausnahme-Erscheinungen wie Madonna (Bild unten) bringen es fertig, selbstbestimmt auf der Klaviatur männlicher Phantasien zu spielen.


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