Israelitische Kultusgemeinde (IKG): Das Kunstrückgabegesetz ist auch auf das Leopold Museum anwendbar
NS-Raub: Erneut Streit um Leopold
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"Brauchen eine saubere Lösung." IKG-Präsident Ariel Muzicant (Mitte)
mit dem Verfassungsrechtler Walter Berka (l.) und dem Rechtsanwalt
Thomas Höhne (r.). Foto: ap
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Von Stefan Beig
Walter Berka: "Das ist keine beliebige private Sammlung".
Ariel Muzicant sieht Handlungs bedarf bei Republik.
Wien.
"Die Republik ist am Zug": IKG-Präsident Ariel Muzicant sieht die
Hauptverantwortung für den anhaltenden Restitutionsstreit mit dem
Leopold Museum klar beim Bund. Angesichts der eben zustande gekommenen
Bundesregierung hofft er nun auf "eine saubere Lösung".
Ende 2007 kam der Salzburger Verfassungsrechtler Walter Berka in
einem von der IKG in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten zum Schluss,
dass eine Ausweitung des Kunstrückgabegesetzes auf die Sammlung Leopold
verfassungsrechtlich unbedenklich ist: Nicht nur aus den Museen des
Bundes, sondern auch aus der Privatsammlung Leopold müsste NS-Raubkunst
zurückgeben werden. Mehrmals kam das Leopold Museum mit Bildern, die im
Verdacht stehen, in der NS-Zeit geraubt worden zu sein, in die
Schlagzeilen. 14 Gemälde der Albin Egger-Lienz-Ausstellung sollen etwa
NS-Raubkunst sein.
"Der Bund ist beteiligt"
Am Mittwoch wurde bei einer Pressekonferenz Berkas Gutachten
präsentiert. "Bei einem beliebigen Privaten täte ich mir schwer, das
für verfassungsrechtlich unbedenklich zu halten", erklärte Berka. "Aber
die Sammlung Leopold ist nicht einfach privat. Der Bund ist finanziell
und organisatorisch maßgeblich beteiligt."
1994 wurde die Sammlung Leopold mit Hilfe der Republik Österreich
und der Nationalbank in eine Stiftung eingebracht. Vom Bund erhielt der
Privatsammler Leopold damals 2,2 Milliarden Schilling. "Ziel des Bundes
war es vermutlich, die Sammlung zu erhalten, das Ziel Leopolds
hingegen, ein Museum aufzubauen, was er allein nicht geschafft hätte",
meinte dazu der Rechtsanwalt Thomas Höhne.
Laut Berkas Gutachten ist eine gesetzliche Sonderregelung, die auch
das Leopold Museum dem Kunstrückgabegesetz unterwirft, möglich. Die
Stiftung unterliege wie ein öffentliches Unternehmen der
Rechnungshofkontrolle. Berka wies auch darauf hin, dass vier von acht
Vorstandsmitgliedern der Stiftung Leopold Vertreter des Bundes sind,
einer davon ist auch Stiftungsvorsitzender. "Dem Stiftungsvorstand
steht es frei, die Sammlung selbst dem Kunstrückgabegesetz zu
unterwerfen".
Eine von Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) eingerichtete
Arbeitsgruppe kam im Oktober zum Ergebnis, dass eine über die
derzeitige Rechtslage hinausgehende Regelung wegen des "damit
verbundenen Eingriffs in privates Eigentum an verfassungsrechtliche
Schranken" stoße. Das Ministerium betonte am Mittwoch, man wolle statt
der "hochriskanten, zeitintensiven gesetzlichen Lösung" den
eingeschlagenen Weg einer konsensuellen Lösung mit der Stiftung
fortführen.
Die Stiftung Leopold erwähnte darüber hinaus ein neues Gutachten des
Verfassungsrechtlers Theo Öhlinger. Demnach sei eine "ausschließlich
auf das Museum Leopold bezogene Regelung sehr problematisch".
Unterstützung bekam die IKG neuerlich vom Grünen Kultursprecher
Wolfgang Zinggl: "Institutionen, die der parlamentarischen Kontrolle
durch den Rechnungshof unterliegen, müssen vom Kunstrückgabegesetz
erfasst werden".
Muzicant kritisierte zudem, Leopold habe zuletzt Druck auf Medien ausgeübt, "nicht über unsere Aktivitäten zu berichten".
Printausgabe vom Donnerstag, 27. November 2008
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