Eine Haut wie eine Extrawurst
Von Claudia Aigner
Wer für Sebastian Weissenbacher Porträt sitzt, ist
üblicherweise "made in Taiwan" und von dermaßen schlechter Qualität, dass
man sogar die Nähte sieht, wo die beiden Körperhälften zusammengepappt
sind. Sebastian Weissenbacher ist nämlich so etwas wie der amtierende
Waldmüller im Überraschungseier-Milieu. Da entstehen dann zuckerlsüße
Bilder von der heilen Welt des Kitsches, die voller Plastikschweinchen,
Bärlis und voller glücklicher Saurier sind, die sich natürlich keines
Aussterbens bewusst sind. Also eh fast wie beim echten Waldmüller und
seinen Bauernidyllen vor der Erfindung von BSE. Kein Wunder, dass
Weissenbachers neueste Ausstellung "Das Goldene Zeitalter" heißt. Bis 10.
Jänner in der Galerie Hilger (Dorotheergasse 5). Freilich darf man
mitunter Zweifel hegen an der "kindlichen Unschuld" dieser Genrebilder.
Das Bild, aus dem ein liebes Bärchen herauswinkt (das so blau ist, dass es
im Bärental daheim sein muss), dürfte denn doch ideologisch aufgeladen
sein. Titel: "Er hat euch nicht belogen" (nach dem legendären Wahlslogan
eines damals noch nicht einfachen, also vermutlich komplizierten
Parteimitglieds). Das Bärli sieht so vertrauenswürdig aus, da würde man
eher für möglich halten, dass Bambi ein "Haderdump" (oder "Haderhump"?)
ist, als zu glauben, dass der Bär lügen könnte. Weissenbacher ist da eine
politische Karikatur geglückt, die so wenig beleidigend ist, dass man das
Bild sogar im Klagenfurter Landhaus aufhängen könnte. Und wenn ein
Triptychon, wo zwischen herzigen Plastikviecherln überall Spermien
herumschwirren, vielsagend heißt: "Sie bekommen Medikamente zur
Hormonbehandlung vom Sozialamt gratis", dann soll hier wohl nicht die
Menschheit darüber aufgeklärt werden, wo denn das viele "Plastikglumpert"
in der Welt herkommt (weil also vielleicht Spermien ein Wettschwimmen zum
Überraschungs-Ei veranstalten). Es ist eher damit zu rechnen, dass auf
Österreich als angeblichem Schlaraffenland für fortpflanzungswillige
Ausländer angespielt wird, weil bei uns ja quasi die Spermien wie die
gebratenen Tauben vom Himmel fallen sollen. Die meiste Zeit scheint
Sebastian Weissenbachers Bildwelt aber doch gänzlich unpolitisch zu sein.
Und mitunter surreal komisch (durch kuriose Zusammenstellungen, die
manchmal geradezu begnadet absurd sein können). Weissenbacher ist ein
Meister der Stilbrüche und im Erzeugen von Ratlosigkeit. Etwa wenn er
in seinem fast schon erschreckenden Realismus ausnahmsweise einmal einen
echten Menschen mit Hund malt und dabei der Partner vom Kommissar Rex eine
Haut wie eine Extrawurst hat (ein nicht gerade platonisches Verhältnis zur
Wurstsemmel färbt offenbar auf den Teint ab) und hinten ein Teddybär
unmotiviert durchs Bild fliegt. Kaum einer zelebriert seinen schlechten
Geschmack auf so kultivierte und erlesene Weise wie Sebastian
Weissenbacher. (Das musste ich jetzt schreiben, um nicht ein ganz so
schlechtes Gewissen zu haben, weil ich seine Bilder mag.)
Erschienen am: 21.12.2000 |
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