Ein bewaldetes Guggenheim Museum: Vision des Architekten Terunobu Fujimori mit dem Titel "New York 2109"
Ein riesiges Aquarium, ein überdachter Garten Eden oder ein Kristalle spuckender Springbrunnen: 200 Künstler, Architekten und Designer ließen ihrer Fantasie freien Lauf, um die berühmteste weiße Spirale der Welt, das New Yorker Guggenheim Museum, 50 Jahre nach der Eröffnung zu würdigen. Mit Ideen, denen das legendäre Gebäude von Frank Lloyd Wright entweder nur als Inspiration diente, die es bis zur Unkenntlichkeit verändern oder aber nur seine Funktion und sein Innenleben erneuern. Fast allen Entwürfen gemein ist, dass sie eher niemals realisiert werden. Was allerdings den Kuratoren, Vizedirektorin Nancy Spector und David van der Leer, auch kein Anliegen war.
Mit Contemplating the Void schließt man ein Jahr der Geburtstagsfeierlichkeiten, die 2009 begannen, mit einem erfrischenden Beitrag ab. Die große Leere im Inneren des Schneckenhauses stand im Mittelpunkt der Überlegungen. Dabei erstarrte man nicht in Verehrung vor Frank Lloyd Wright, dessen Todestag sich am 9. April zum 51. Mal jährt. So will etwa die in New York lebende deutsche Künstlerin Josephine Meckseper das ganze Gebäude, das schon 1956, drei Jahre vor der Eröffnung, fertiggestellt wurde, fluten und eine Bohrinsel darin installieren.
Sportlicher, aber auch nass geht es Phoebe Washburn an, deren Entwurf Guggenheim Scuba Park ein zylinderförmiges Tauch-Dorado mit Sichtfenstern vorsieht. Eine andere in der Stadt arbeitende Künstlerin aus Mecksepers Generation rückt der architektonischen Sehenswürdigkeit noch heftiger zu Leibe: In Ihrer Collage Guggenheim as a Ruin hat sich Spirale zum größten Teil in abstrakte Fragmente aufgelöst.
Wohl ermuntert durch das gläserne Dach äußern einige Beiträge den Drang, die perfekte Symmetrie des Baus von wild wuchernder Vegetation beleben zu lassen. So die dänischen Architekten N55 oder der in Norwegen arbeitende kanadische Architekt Todd Saunders. Und der japanische Architekt Terunobu Fujimori lässt es auf dem Dach sprießen, sodass das Museum aussieht wie ein Blumentopf. Unverwechselbar sind die Entwürfe von Zaha Hadid und Daniel Libeskind: Hadid bricht mit ihren typisch fließenden Formen die Spirale auf, Libeskind ersetzt die Rundungen mit seinen kristallförmigen Ecken.
Apropos Kristall: Vom niederländischen Designer Ted Noten könnte sich André Heller noch etwas abschauen. Denn er verwandelt das Museum in einen Springbrunnen, in dem es permanent Swarovski-Kristalle herunterregnet. Auch der Inder Anish Kapoor, dessen massive Metallskulptur Memory bis vor kurzem im Guggenheim zu sehen war, dachte an einen Springbrunnen. Er will roten Rauch im Inneren der Rotunde nach oben blasen lassen, wo er wieder abgesaugt und nach unten gepumpt wird.
Wenn man bedenkt, dass visionäre Projekte schon öfter in fantasievollen Spielereien ihren Anfang nahmen, sollte man sich manche der Entwürfe merken. Wer weiß, vielleicht wird Pipilotti Rists Arbeit Proud and Friendly eines Tages als feministisches Naturkundemuseum realisiert: Die Schweizerin lässt eine Klitoris von beeindruckender Größe auf zwei Schamlippen ruhend die runde Leere des Museums ganz ausfüllen. (Colette M. Schmidt aus New York / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.4.2010)
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