Quer durch Galerien
Der Umweg ist das Ziel!
Von Claudia Aigner
Auf den ersten Blick hat man es hier mit einer seltsamen Form
der Befriedigung zu tun. Auf den zweiten Blick hat man es immer noch mit
einer seltsamen Form der Befriedigung zu tun. (In etwa so seltsam wie
Bungeejumping.) Jede Menge Männer bohren da nämlich verbissen ihre
unbeugsamen vorderen Knautschzonen in jeden Sandhaufen, der ihnen
unterkommt (denn sie sind zum Äußersten, sprich: zum Potentesten
entschlossen). Und ackern im Sand herum und durchpflügen die ganze Gegend.
Machen sich also die Erde untertan - mit ihrem Allradantrieb. Und
protzen mit ihren Pferdestärken, die ihnen nie ausgehen und die sie mit
hemmungsloser Beharrlichkeit über die extremsten Sandhöcker und Felsen
jagen. Ihr Gasfuß schwitzt (na ja, das Video von Yael Bartana ist
zugegebenermaßen völlig geruchsneutral) und ihre Motoren röhren wie die
Viecher, weil die Autofahrer partout im eigentlich schon penetrant
unwegsamen Gelände herumfahren müssen. Anders ausgedrückt: Der Weg . . .
äh: der Umweg ist das Ziel. Ein Verhaltensforscher käme angesichts der
hochmotiviert vor Publikum sich abrackernden Geländewägen vielleicht zu
dem Schluss, dass es sich bei diesem fast schon obsessiven Schauspiel wohl
nur um ein Paarungsritual handeln kann, bei dem sich die
drumherumstehenden Weibchen dann am Ende aussuchen, auf welchen
Beifahrersitz sie sich setzen (nachdem ihnen also "das Viech im Manne"
eine Leistungsschau dargeboten hat). Freilich: So viel Damenwelt ist in
der Menge der Schaulustigen gar nicht anwesend. Und außerdem: Die ziemlich
surreal oder wenigstens absurd anmutende abendliche Szene spielt auf einem
Hügel an der Küste von Tel Aviv, folglich im terrorgeschüttelten Israel.
Also doch ein politischer Film? Yael Bartana zeigt hier (unter dem
leicht ironischen Titel "Kings of the Hill" - Die Könige des Hügels) ihre
Landsleute jedenfalls bei einem irritierend selbstgenügsamen
Freizeitverhalten, einem alltäglichen Sportritual nach Feierabend, das
sich weit abseits der blutigen Fernsehnachrichten abspielt.
Realitätsflucht als Überlebensstrategie? Und auch wenn das Bild nicht
dementsprechend wackelt (nach rechts und links), kann man praktisch sehen,
wie Bartana hinter der Kamera dezent den Kopf schüttelt. Der Kurzfilm lebt
von seiner Unaufdringlichkeit ja insgesamt ganz gut. Bis 9. August in der
Galerie Engholm (Schleifmühlgasse 3). Es besteht kein Zweifel
(zumindest kein berechtigter), dass in der Galerie Ariadne (Bäckerstraße
6) unter anderem jenem Körperteil gehuldigt wird, wo die männliche
Anatomie mit Vorliebe einen "Parkplatz" findet: im Ewig-Weiblichen
(euphemistisch gesprochen). Judith Moser hat fotografische Detailaufnahmen
des weiblichen Körpers am Computer bis an die Grenzen der
"Fehlsichtigkeit" verfremdet. Jetzt machen die farblich süffigen,
unwiderstehlich malerischen Bilder den Betrachter, der angestrengt seine
Augen zusammenkneift, fast rasend vor Neugier. Weil sie so diffus intim
sind. Beziehungsweise so unscharf obszön. Eine reizvolle Methode, das
Leibliche sinnlich zu bewältigen. Noch bis 9. August.
Erschienen am: 01.08.2003 |
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