Salzburger Nachrichten am 23. März 2006 - Bereich: Kultur
Oberhuber, der Selbstdarsteller Der Tiroler Künstler
Oswald Oberhuber ist seit je ein Multitalent. Heuer wird das Schaffen des
75-Jährigen in Wien, Innsbruck und Salzburg ausführlich gewürdigt.
Gudrun WeinzierlSalzburg (SN). Durch alle Perioden im Werk Oswald
Oberhubers zieht sich ein großer Themenkomplex, die Arbeit an seiner
Biografie der Befindlichkeit: Selbstbildnisse, die nicht nur Porträts,
sondern auch physiognomische Ausschnitte des Gesichts, Hände, Füße, der
nach einer Amputation verbleibende Beinstumpf, Geschlechtsteile, die
gesamte Person sein können. Immer wieder stellt Oberhuber Baby- und
Kinderköpfe dar. "Das Kind ist klarer, in ihm ist sowohl das Gute wie das
Böse, das Lachen und das Hässliche besser ersichtlich, im Erwachsenen
überwiegt die Maske", sagt Oberhuber im Gespräch. In den siebziger Jahren waren es zumeist Fotos, mit Text zu Collagen
verbunden. Oberhubers Sprachschöpfungen sind legendär. Seine neuesten,
2006 entstandenen Selbstbildnisse sind großformatige Malerei - Hände, die
auf Gebärdensprache verweisen, auf Konturen reduzierte Kopfformen oder
Ganzkörperdarstellungen. Was die Vielfalt seines Arbeitens betrifft, ist Oswald Oberhuber
rekordverdächtig: Seit Mitte der fünfziger Jahre war er maßgeblich als
Künstler und als Kurator an neuen Strömungen in Österreich beteiligt.
Oberhuber war nach Monsignore Otto Mauer Leiter der Wiener Galerie Nächst
St. Stephan, und wie jenem wird auch Oberhuber entscheidende Unterstützung
und Wegbereitung der jüngeren Künstlergeneration attestiert. Weiters war
er Lehrer an der Hochschule für angewandte Kunst, später deren Rektor,
kuratierte über 150 bedeutende Ausstellungen, war Kunsttheoretiker und
Kulturpolitiker, befürwortete den Ankauf der Sammlung Leopold und plante
am Museumsquartier mit. Gerade die Universität für Angewandte Kunst, aus der er im Unfrieden im
Jahr 2000 ausschied, verdankt Oberhuber einen wesentlichen Schub in
Richtung internationaler Anerkennung und Modernisierung: Er holte
Lagerfeld, Jil Sander, Helmut Lang, Castelbajac als Lehrende ins Haus am
Stubenring. Als Künstler ist Oswald Oberhuber, 1931 in Meran geboren, einer der
prominentesten und wichtigsten Maler der österreichischen Moderne, deren
Wandel er seit 1956 entscheidend mitprägte. Damals proklamierte er in
einem Manifest das Ende aller Stile und rief die Permanenz der Veränderung
als einzigen Stil aus. Diese Permanenz hielt er stilistisch, in
künstlerischen Mitteln wie in Inhalten, über Jahrzehnte aufrecht. Der
stete stilistische Wandel mag aber Grund dafür sein, dass viele seiner
Arbeiten nicht auf den ersten Blick als "Oberhuber" zu erkennen sind. "Wer
Veränderung will, braucht immer wieder eine neue Sprache, eine neue
Ausdrucksform, Veränderung kann auch gefährlich sein, weil man eine Idee
nicht konsequent perfektioniert, zu Ende bringt. Das brachte auch Kritik
ein, niemand will Veränderung", sagt Oberhuber. Eine seiner frühen Phasen war dem Informel verbunden. Hier gelang ihm -
wie er sagt innerhalb eines Monats - der Ausstieg aus dem Weg des
Holzschnitzens hin zur informellen Plastik, die es vor ihm nicht gegeben
hat. Oberhuber war aktionistisch tätig, ohne mit den Wiener Aktionisten
verbunden zu sein. Generell schloss er die Zugehörigkeit zu einer Gruppe
für sich aus. Für den heuer 75-jährigen Künstler ist 2006 ein an Ausstellungen
reiches Jahr. Nach der Wiener Secession (mit Arbeiten seiner konzeptuellen
Phase) und der Neuen Galerie in Graz ist Oberhuber derzeit im Innsbrucker
Ferdinandeum (bis 4. Juni) und in der Salzburger Galerie Altnöder
vertreten. Bei Altnöder sind bis 6. Mai 25 Arbeiten unter dem Titel
"Selbstbilder als Selbstdarstellung" zu sehen. |