Seine eigentliche Leidenschaft galt dem
Siebdruck. Den Modellsitzungen zog er das Zeichnen nach Fotografien
vor. Andy Warhol hat in den Sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts die
Kunst demokratisiert: Die Inhalte sollten Bekanntes zeigen, und die
maschinell gefertigten Serien für jeden erschwinglich sein.
Warhols Vorstudien zur wesentlichen
Druckgrafik – Originalzeichnungen mit grauem Grafitstift und geklebte
Collagen aus Zeitungsausschnitten – blieben zum Großteil im Nachlass.
Als gelernter Designer war ihm das Ergebnis eines millionenfach
verkauften Plattencovers wichtiger als die persönliche Handschrift.
Porträts nannte er ironisch "Poptarts": Sie entstanden nach selbst
geschossenen Fotos mittels Overhead-Projektor auf einem an der Wand
fixierten Blatt. Mit gleich bleibend starken Linien zog er dabei mehr
die Helldunkelwerte des Fotos nach als die eigentlich
charakteristischen Züge. Dadurch wird das Nebensächliche dramatisiert –
ein Aspekt, den er sogar mit Bildnissen von Rembrandt teilt, doch
scheint bei Warhol auch Abstraktion und Gegenständlichkeit zu einer
bewusst banalen Einheit verwoben.
Blätter aus dem Nachlass
In der Albertina sind die Blätter aus dem Nachlass zu sehen, die zum
Teil noch nie ausgestellt waren. Sie stammen aus der Andy Warhol
Foundation in New York (zu der Galerist Thaddaeus Ropac den Kontakt
vermittelte) und aus Privatsammlungen. Dazu kommt die bekannte Mick
Jagger-Serie aus dem Mumok.
Mit den Rolling Stones war Warhol befreundet, das berühmte
Plattencover "Love your Live" 1977 entstand nach einer Serie von 14
Blättern, die den Entste hungsprozess verdeutlichen. Das androgyne
Erscheinungsbild Jaggers war nicht nur zeitgeistig, es entsprach auch
dem Künstler ganz besonders, und so ist jener sogar küssend, beißend
und als Halbakt vorzufinden.
Daneben fallen die Beatles, Michael Jackson, Liza Minelli mit
Charles Aznavour kombiniert, André Heller oder Aretha Franklin – trotz
gleich bleibender Strichführung – an Leidenschaft doch ein wenig
zurück.
Der scheue Sohn ruthenischer Einwanderer aus Europa, der sein Geld
mit Gebrauchsgrafik verdiente, bevor in der Kunstszene den
unverrückbaren Status eine Ikone erhielt, arbeitete mühelos mit
Symbolfiguren der damaligen Gesellschaft, aus der Politik wie der
Musik-, Film- und Kunstszene. Obwohl er sich nicht politisch
engagierte, werden seine Katastrophenbilder oder die Mao-Serie und die
Elektrischen Stühle als Gesellschaftskritik gedeutet und gelten seine
Strategien in Sachen Kunstmarkt als subversive Unterwanderung. Doch
diese Albertinaschau bleibt inhaltlich bei den Popstars hängen.
Andy Warhol: Popstars
Klaus Albrecht Schröder (Kurator)
Albertina
Zu sehen bis 18. Feb. 2007
Parade der Berühmtheiten.
Donnerstag, 23. November 2006