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Kunstberichte

Die Spiegelbilder der Partytiger

Pfeilerhalle Albertina: "Andy Warhol. Popstars" mit Arbeiten, die zum Teil bisher noch nie zu sehen waren
Illustration
- Andy Warhol: Michael Jackson (1984).  Foto: The Estate and Foundation of Andy Warhol/VBK, Wien

Andy Warhol: Michael Jackson (1984). Foto: The Estate and Foundation of Andy Warhol/VBK, Wien

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Seine eigentliche Leidenschaft galt dem Siebdruck. Den Modellsitzungen zog er das Zeichnen nach Fotografien vor. Andy Warhol hat in den Sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts die Kunst demokratisiert: Die Inhalte sollten Bekanntes zeigen, und die maschinell gefertigten Serien für jeden erschwinglich sein.

Warhols Vorstudien zur wesentlichen Druckgrafik – Originalzeichnungen mit grauem Grafitstift und geklebte Collagen aus Zeitungsausschnitten – blieben zum Großteil im Nachlass. Als gelernter Designer war ihm das Ergebnis eines millionenfach verkauften Plattencovers wichtiger als die persönliche Handschrift.

Porträts nannte er ironisch "Poptarts": Sie entstanden nach selbst geschossenen Fotos mittels Overhead-Projektor auf einem an der Wand fixierten Blatt. Mit gleich bleibend starken Linien zog er dabei mehr die Helldunkelwerte des Fotos nach als die eigentlich charakteristischen Züge. Dadurch wird das Nebensächliche dramatisiert – ein Aspekt, den er sogar mit Bildnissen von Rembrandt teilt, doch scheint bei Warhol auch Abstraktion und Gegenständlichkeit zu einer bewusst banalen Einheit verwoben.

Blätter aus dem Nachlass

In der Albertina sind die Blätter aus dem Nachlass zu sehen, die zum Teil noch nie ausgestellt waren. Sie stammen aus der Andy Warhol Foundation in New York (zu der Galerist Thaddaeus Ropac den Kontakt vermittelte) und aus Privatsammlungen. Dazu kommt die bekannte Mick Jagger-Serie aus dem Mumok.

Mit den Rolling Stones war Warhol befreundet, das berühmte Plattencover "Love your Live" 1977 entstand nach einer Serie von 14 Blättern, die den Entste hungsprozess verdeutlichen. Das androgyne Erscheinungsbild Jaggers war nicht nur zeitgeistig, es entsprach auch dem Künstler ganz besonders, und so ist jener sogar küssend, beißend und als Halbakt vorzufinden.

Daneben fallen die Beatles, Michael Jackson, Liza Minelli mit Charles Aznavour kombiniert, André Heller oder Aretha Franklin – trotz gleich bleibender Strichführung – an Leidenschaft doch ein wenig zurück.

Der scheue Sohn ruthenischer Einwanderer aus Europa, der sein Geld mit Gebrauchsgrafik verdiente, bevor in der Kunstszene den unverrückbaren Status eine Ikone erhielt, arbeitete mühelos mit Symbolfiguren der damaligen Gesellschaft, aus der Politik wie der Musik-, Film- und Kunstszene. Obwohl er sich nicht politisch engagierte, werden seine Katastrophenbilder oder die Mao-Serie und die Elektrischen Stühle als Gesellschaftskritik gedeutet und gelten seine Strategien in Sachen Kunstmarkt als subversive Unterwanderung. Doch diese Albertinaschau bleibt inhaltlich bei den Popstars hängen.

Andy Warhol: Popstars

Klaus Albrecht Schröder (Kurator)

Albertina

Zu sehen bis 18. Feb. 2007

Parade der Berühmtheiten.

Donnerstag, 23. November 2006


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