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F otos, Realismus. Fotorealismus? Wenn es so einfach wäre. "Ich
lehne den Fotorealismus total ab, weil er mir das Vergnügen, das Erringen
eines Gegenstandes, einer Situation oder von Menschen vorwegnimmt." Das
sagt mit Josef Kern einer, der sich in seiner Malerei seit bald 25 Jahren
an der Realität abarbeitet. Einer, der die Auseinandersetzung mit den
klassischsten aller Genres - Porträt, Akt, Stillleben - praktisch zum
Markenzeichen erhoben hat und nun als Schwerpunkt seiner Ausstellung in
Baden Blumenfriese zeigt. Und er scheut sich nicht, seine Bilder so
aggressiv an die Wirklichkeit heranzuführen, dass dem Dargestellten
jegliche Intimsphäre abhanden zu kommen scheint.
Der gebürtige Steirer zählt zu jener Gruppe
österreichischer Maler, die Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre
im Zuge des Neue-Malerei-Booms Furore machten und nicht nur die Herzen der
Kritiker höher schlagen, sondern auch die Kassen der Kunsthändler klingeln
ließen. Doch anders als seinen Kollegen Anzinger, Brandl, Schmalix, ist
Josef Kern der internationale Durchbruch versagt geblieben. Galeristin
Andrea Jünger erklärt diesen Umstand damit, "dass sich die nicht so
realistische Interpretation von Gegenstand und Figur, wie bei Schmalix
oder Anzinger, auf dem Kunstmarkt leichter durchsetzen konnte, als das für
Josef Kern typische Üppige, Barocke, Ausufernde" - und oft auch
Unerbittliche, Harte. Dieses Harte nimmt etwa den neuen Blumenbildern, die
hier in langen Bahnen, wie antike Friese, knapp unterhalb der Decke
gehängt sind, jeglichen dekorativen Beigeschmack. In diesem Sinn sind
Kerns kräftig-färbige Pflanzenmalereien (die Tafeln rangieren preislich
zwischen 1500 und 1900 Euro) denn auch keine Stillleben, sondern
riesenhafte Vergrößerungen, Zooms, mit dem Fokus auf dem Innersten der
Kelche, den Blütenblättern, Samen und Stängeln, was diesen Bildern
wiederum in einer zweiten Lesart eine extreme erotische Ausstrahlung
verleiht.
Eine überraschende Ergänzung zu den Friesen stellen
bisher nie gezeigte, ganz lasierend ausgeführte Bilder (6000 Euro) und
großformatige Papierarbeiten (2100 Euro) dar, deren Inspirationsquelle die
Tiefe des Unterbewussten ist. Als wären die Szenarien von Boccaccio &
Co. vorskizziert worden, tummeln sich hier Maskierte und Behütete,
Klagende, Frömmlinge, Dudelsackbläser, Landlords und Eremiten - allesamt
Männer, die danach gieren, einander zu begaffen, zu berühren, zu
beeindrucken. Ihre offen gezeigte Intimität bringt diese Arbeiten den
Traumwelten Pierre Klossowskis nahe, aber nicht zu nahe.
So viel disziplinierter Orgiastik stehen fotografische
Werkgruppen des Ernst-Haas-Schülers Fritz Simak gegenüber (550 bis 3300
Euro). Auch bei Simak spielen Körpersprache, Mimik und Gestik (besonders
schön die Messerschmidt-Arbeiten!, 650 Euro) eine wichtige Rolle. Als
Gegengewicht zu Kerns schwebender Malerei sorgen sie gleichsam für die
Erdung des Ausgestellten.
Bis Ende August, Pfarrgasse 1, Baden bei Wien.
Voranmeldung unter: 0664/1114771.
© Die Presse | Wien
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