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Galerien Salzburg: Schäkern zwischen Säulen

01.08.2009 | 17:54 | von Almuth Spiegler (Die Presse)

Die Galerien in Salzburg überzeugen, wenn an neuen Orten neue Konstellationen erprobt werden – Walkers „Echoes“ zum Beispiel.

Die orangen Fliesen im Badezimmer, die beigen in der Küche und diese dunkle, braune Wandvertäfelung im Vorzimmer – erschreckend heimelige Kindheitserinnerungen aus den 1970er-Jahren. Die britische Künstlerin Clare Goodwin verarbeitet sie zu abstrakten Bildern und gibt ihnen Menschennamen. „Bob“ heißt eine geometrisierte Küchenfront, „Joan“ die daneben, „Doug and Wendy“ die nächste. „Als typische Lebensform wähle ich das ,verheiratete Paar‘ oder das ,geschiedene Paar‘, weil sie für mich am besten das Eingerichtetsein – die Hoffnung und Verzweiflung – des bürgerlichen Alltags repräsentieren.“

Und wo repräsentiert dieser sich besser als in Salzburg zur Festspielzeit. Unausgesprochener Anlass genug für die Salzburger UBR Galerie, Goodwins Acrylbilder erstmals in Österreich zu präsentieren. Eine kleine, etwas abgelegene Ausstellung, die heuer dennoch zu den Highlights dieses Salzburger Kunstsommers gehört – kann man sich nicht bedingungslos für die neuesten, gewohnt großen, expressiven und selbstverliebten Bilder eines Georg Baselitz (bei Ropac) erwärmen oder für den heiteren Formalismus des Lichtkunstgiganten François Morellet (bei Ruzicska).

Politisch am brisantesten, künstlerisch am entdeckungsreichsten ist immer noch die Ausstellung junger iranischer Kunst in Ropacs Keller-Zweigstelle im Kunstraum der Deutschen Bank (die „Presse am Sonntag“ berichtete vorige Woche). Ab 6.August wird die aktuelle Biennale-Venedig-Künstlerin Tamara Grcic noch im Fotohof ausstellen, zwei neue Fotoarbeiten und das Video „una serenata“ von 2008, das könnte noch ziemlich spannend werden. Sonst muss man mit alten Bekannten vorliebnehmen. Nicht immer sind diese so interessant wie Zoran Music, der 1943 ins KZ Dachau verschleppte Künstler, der überlebte und mit seinen düster-verschwommenen Bildern, nie richtig expressiv, nie richtig abstrakt, auch nie richtig in die Zeiten und Moden passte.

Die Galerie Welz zeigt anlässlich des 100.Geburtstags des 2005 verstorbenen Malers eine Werkschau mit Ölbildern, Aquarellen, Pastellen und Zeichnungen. Ansonsten entschieden sich Galerien wie Altnöder, Mauroner oder Curtze für die Nummer sicher und zeigen an gewohnten Orten bunte Gruppenschauen aus ihrem Programm.

Der Kunstmarkt spielt in der Mozartstadt unabhängig von der Krise eine immer kleinere Nebenrolle – das haben die Galeristen schon in den vergangenen Jahren bemerkt, immer weniger sperren im Sommer hier temporäre Zweigstellen auf – die Berliner Sprüth Magers, die Wiener Krinzinger, Feichtner, Hilger, keiner tut sich den Aufwand mehr an.

Für eine sonst im Kärntner Rosental logierende Galeristin wie Judith Walker ist Salzburg aber sehr wohl eine Chance, ein breiteres Publikum zu erreichen. Zum zweiten Mal bereits bespielt sie die Sala Terrena in der Sigmund-Haffner-Gasse. Vor wenigen Wochen erfuhr man überrascht, dass heuer auch die sonst so begehrte Max-Gandolph-Bibliothek noch frei sei – und griff zu. Heraus kam ein „Echoe“ zwischen den beiden Galeriestandorten, so der Titel der Ausstellung: Zu ebener Erde begegnen sich so erstmals der Zero-Maler Heinz Mack und Bruno Gironcoli, wuchtige symbolistische Silberplastiken und knallbunte, leicht esoterisch wirkende abstrakte Farb-Licht-Experimente.

Wirklich froh stimmt einen aber der subtilere, stillere Part der Doppelschau im ersten Stock der Neuen Residenz: Hier beginnen zwischen den Marmorsäulen des Saals meditative Steine von Karl Prantl, monochrom changierende Ölbilder von Hanns Kunitzberger, frühe abstrakte Bilder von Hans Bischoffshausen und täuschende Papierobjekte von Tone Fink miteinander zu flüstern, plaudern und schäkern. Schön ist das.


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