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Bregenz
Helmut Federle
von Gerhard Mack

Grosse Ankäufe durch zentrale Museen wie die Tate Gallery und Ausstellungen im Jeu de Paume in Paris, bei der Biennale Venedig und im IVAM Valencia haben in den letzten Jahren Helmut Federle als einen der wichtigsten Vertreter zeitgenössischer Abstraktion bestätigt. Im Kunsthaus Bregenz zeigt sich der Professor der Kunstakademie Düsseldorf (seit Herbst) eher privat.

Die Ausstellung, die der 1944 in Solothurn geborene Maler im Kunsthaus Bregenz präsentiert, ist nicht auf grosse Gesten aus. Helmut Federle nutzt die Nähe zu seinem Jugendort St. Margrethen für eine Engführung mit privaten Aspekten seiner Lebenswelt: Er präsentiert sich als Sammler von Objekten und Eindrücken, zeigt Keramiken und Fotografien, die er von Reisen mitgebracht hat, und öffnet damit eine existenzielle und geistesgeschichtliche Hintergrundebene zum Verständnis seines bildnerischen Werks.

Wer das Kunsthaus Bregenz betritt, wird sogleich in dieses Widerspiel eingewoben. An der Wand gegenüber glimmt ein kleinformatiges Gemälde im ebenmässigen Licht. Die trockene schwarze Farbe ist in Streifen auf den rohen Rupfen aufgetragen und konnte am besten an den Ansatzpunkten des Pinsels haften bleiben, die am linken Rand und in der Mitte Grate bilden, zerfetzten Wirbelsäulen nicht unähnlich. Die Gewalt, die darin zu spüren ist, und die Poesie der Auszehrungen im Licht halten sich die Waage und den Betrachter in Unruhe.

Eine ähnliche Gestimmtheit vermittelt eine fünfteilige Fotoserie auf der Wand gegenüber, die fünf Tiere zeigt. Die Aufnahmen wurden auf verschiedenen Kontinenten und über einen Zeitraum von zehn bis fünfzehn Jahren hinweg gemacht und im vergangenen Jahr zu einer Serie zusammengefügt. Reh, Fisch, Luchs und Katze atmen eine selbstverständliche Kreatürlichkeit, zu der wir Betrachter keinen Zugang haben. Diese stille Schönheit wird jäh durchbrochen, sobald man realisiert, dass dem Schlaf der Katze, Federles Lieblingstier, der Tod eines anderen Vierbeiners entspricht.
In diese Ambivalenz der Atmosphären fügt Federle Keramiken aus alten Kulturen rund um den Globus, die in ihren Vitrinen wie messerscharfe geistige Positionen anmuten und, etwa wie die geometrischen Musterungen der Maja-Gefässe, an das Vergehen, die Dauer und die zyklische Qualität von Zeit erinnern, die Federle in manchen Bildagonien selbst zur Sprache bringt.

Hier ist denn auch, bis auf ein Werk, praktisch die gesamte Produktion von grossen Gemälden aus den letzten vier Jahren in eindrücklicher, punktgenauer Inszenierung zusammengebracht und mit neuen Corner Field Paintings ergänzt. Am überraschendsten sind, im obersten Saal, direkt unter dem Himmel, zwei schwarze Malereien, für die Federle das Allover mit einem Farbabrieb mittels einer Linolscheibe aufgerauht hat und es dennoch schafft, dass die Bildflächen still verharren. Sie wirken gelöst und doch wie gebannt, sie sprechen von der Wachsamkeit des Melancholikers, von Tod und Schlaf und, vor allem, von sehr viel Licht.

Bis 6.2.2000

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Ausgabe: 01 / 2000
Ausstellung: ( - )
Institution: Kunsthaus Bregenz (Bregenz)
Autor/in: Gerhard Mack
Künstler/in: Helmut Federle