Die Geschichte der Unschärfe
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2002
ISBN 3803151694,
Gebunden, 160 Seiten, 19,50 EUR
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Klappentext
Seit William Turner hat das Unklare eine Geschichte, die bis in die heute
weitverbreitete Bildästhetik der Unschärfe reicht. Wolfgang Ullrich beschreibt
zum ersten Mal die Tradition, die ideologischen Begründungen und die Wirkungen
dieses Stilmittels.
Rezensionen - Die Zeit vom 30.01.2003
'Warum können Bilder populär sein, auf denen kaum etwas zu erkennen ist?' -
diese Frage sucht der Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich in seiner "Geschichte der
Unschärfe" zu beantworten, schreibt Rolf-Bernhard Essig. "Konzis, faktenreich
und erhellend" erzähle Ullrich die Geschichte der Unschärfe nicht nur als eine
Geschichte der technischen Entwicklung der Fotografie, sondern stelle sie in den
"Gesamtzusammenhang der Avantgarde-Bewegung" seit 1900. Eins allerdings hat
Essig an dem Band auszusetzen: mit "ermüdender" Beharrlichkeit erkläre Ullrich
wieder und wieder die Vorliebe fürs Unscharfe - schon Goethe weigerte sich, eine
Brille zu tragen - als 'Flucht vor der Moderne'. Das findet Essig als Erklärung
ein wenig zu einseitig.
Rezensionen - Frankfurter Rundschau vom 27.11.2002
Während die Menschen in der westlichen Welt heute schärfer sehen denn je, ist
zugleich das Mittel der Unschärfe in den Bildern der Medien so beliebt wie nie.
So bringt Rezensentin Elke Buhr die Ausgangsbeobachtung von Wolfgang Ulrichs
"Geschichte der Unschärfe" auf den Punkt. Der Kunsthistoriker beschreibe darin
nicht nur die verschiedenen Anwendungen verwischter Konturen als visuelles
Stilmittel, sondern verankere sie auch in der jeweiligen Kunsttheorie und
Mentalität, berichtet Buhr. Sie hebt hervor, dass es Ulrich gelingt, die gängige
These, wonach die Fotografie der Malerei die Naturnachahmung abnahm und letztere
sich darum der Abstraktion zuwenden musste, zu modifizieren. "Auch die
Fotografen folgten dem Trend zur Autonomisierung von Fläche und Form, auch sie
sahen die entscheidende Herausforderung darin, das reine Abbild der Realität zu
transzendieren", erklärt die Rezensentin. Bedauerlich findet sie nur, dass
Ulrich am Ende seines Buches die aktuelle Unschärfeästhetik mit dem Label der
"postmodernen Beliebigkeit" kritisiert, und mit diesem Pauschalurteil seine so
sorgfältig entwickelte Differenzierungsfähigkeit wieder zerstört.
Rezensionen - Süddeutsche Zeitung vom 06.11.2002
Wolfgang Ullrich hat einen "Trend zur Unschärfe" am aktuellen Bilderhimmel
ausgemacht, der ihn zu einer kulturhistorischen Rekonstruktion dieses
ästhetischen Stilmittels animiert hat. Gundula Bavendamm benennt Ullrichs
Ausgangsfrage: Was macht Bilder so populär, auf denen man fast nichts erkennen
kann? Die historische Rekonstruktion dieser Erfolgsgeschichte führt in zwölf
Kapiteln durch die Geschichte der verschiedenen Bildmedien, meldet Bavendamm,
beginnend mit der romantischen Landschaftsmalerei à la Caspar David Friedrich.
Er berichte weiter von einer Unschärfe-Welle in der künstlerischen Fotografie
des 19. Jahrhunderts und beschreibe einen Cross-Over der Gattungen im 20., so
Bavendamm, die den historischen Längsschnitt im Grunde statisch findet, was
daran liege, dass die Unschärfe seit ihrer Entdeckung die gleiche doppelte
Valenz besitze. Entweder man möchte der die Sinne überfordernden Gegenwart
entfliehen, oder man geriere sich besonders nah am Puls der hektischen Zeit,
fasst die Rezensentin zusammen. Für die gegenwärtige Renaissance habe Ullrich
auch Erklärungen auf Lager: unscharfe Bilder seien leicht konsumierbar,
polyvalent und appellierten an das Stil- (und Kauf-) Bewusstsein junger
Menschen.