Das Doppelporträt Oskar Kokoschka/Alfred Hrdlicka mit dem
Titel "Mörder Hoffnung der Frauen" (nach OK, 1996) bestimmt das Plakat der
Ausstellung. Mördertaten, Frauenopfer und Hoffnung auf die Wirkkraft von
Revolten haben Hrdlickas Leben und seine Kunst geprägt. Wie sich sein
radikaler Furor über vierzig Jahre austoben und über wechselnde
Ausdrucksmittel Gestalt annehmen konnte, welche künstlerischen
Verwandtschaften dabei mitgespielt haben - das wird jetzt einmal mehr
offenbar.
Es sind die Vorlieben und der Kenner-Blick einer Reihe
von Privatsammlern, von denen das in den Prunkräumen des Palais Harrach
gereihte Panorama der Schrecken und der Finsternisse bestimmt wird.
Darunter eine beträchtliche Anzahl bisher verborgen gebliebener
zeichnerischer Entwürfe, die diverse Martyrien apotheosen- und
metaphernartig aufflackern lassen. Der Meister selbst ist oft dabei in
eingeschmuggelten Darstellungen seiner düster dreinblickenden Erscheinung.
Zum Beispiel bei der Heiligen Ursula oder auf einem "Sklavenmarkt".
Peter Baum hat aus den sich ihm öffnenden Sammlungen,
unter ihnen die des Galeristen-Freundes Ernst Hilger, nach seinen
Kriterien ausgewählt. Und dabei vor allem die Raumverhältnisse
berücksichtigt, das Zyklische in Alfred Hrdlickas "expressivem
Universalismus".
Was an den Wänden an reinen Schwarzweiß-Blättern neben
malerischen Mischtechniken und Blöcken von Radierungen rhythmisch geordnet
wurde, erscheint von einigen großen Bronzegüssen zentraler Steinarbeiten
begleitet. Aber auch von zahlreichen ein wenig teigig wirkenden kleinen
Bozzetti, die wohl vor allem dem Handel dienlich sind.
Hrdlickas stets erregtes, direktes, meist sicheres
Reagieren auf Martialisches als ein zwischen der Renaissance und den
"J'accuse"-Attitüden des 19. Jahrhunderts beheimateter Zeitgenosse
hatte stets heterogene Ergebnisse zur Folge. Sie lassen sich besonders gut
an einem Radierzyklus "Die Revolution 1848" ablesen, betreffen aber auch
technische Vorgänge mit wechselnder "Trefferquote" (Pressetext).
Alte und neue Greuel
Das Operieren mit Kreiden, Pastellen und Kohle verführt
ihn häufig zum Ausspielen einer routiniert vorgetragenen Formen- und
Materialmixtur. In seinen Schwarzweiß-Arbeiten wirkt sein Strich (ähnlich
wie bei den Radierungen) konziser, schärfer, den gelungensten
Bildhauer-Extrakten analog wie gemeißelt.
Sein Themenreichtum im belesenen Überblicken der Historie
von der Antike bis zu jüngeren Greueln und Handlungen rekurriert stets auf
sein Credo, daß "alle Macht in der Kunst vom Fleisch" ausgehe. Die damit
verbundenen Obsessionen ließen ihn zu einem der großen Einzelgänger des
20. Jahrhunderts werden. Seine Dynamik, seine Emphase, seine direkte
Anteilnahme im einseitigen Darlegen des Ungeheuerlichen im menschlichen
Wesen könnte zum Übersehen seiner Sehnsucht führen, zu lieben und geliebt
zu werden. Hrdlicka ist ein sehr "wienerischer", abgründiger Künstler
insofern, als hinter seinem grobschlächtigen Auftreten ein tiefes
Sentiment steckt, eine große Zuneigung gegenüber allen Gequälten,
Ausgelieferten vor allem unter seinesgleichen.
Bis 28. Februar, tägl. 10 bis 18 Uhr.
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