OÖNachrichten
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von
Michael Wruss
ARS ELECTRONICA: Vier Stunden Programm mit DRD und Virtuellem
Doch Menschen funktionieren nur analog
Die Revolution der digitalen Klänge und Bilder ist fixer Bestandteil einer modernen Medienkultur. Doch die Leistungsfähigkeiten moderner Rechner überfordern das analoge System Mensch bisweilen. Selbst klug Erdachtes kann nur beschränkt aufgenommen werden. Das zeigte sich auch am Sonntag beim "klassischen" Ars-Konzert "Some sounds and some fury".

Der Auftakt fand traditionell im Lentos mit Maki Namekawa statt. Die Pianistin konnte wieder einmal ihre Meisterschaft im Umsetzen neuer Partituren, diesmal von Ludger Brümmer, beweisen. Besonders beeindruckend: "Move" für Klavier, Live Electronics und Video. Hier harmonierten wirklich alle Komponenten multimedialer Komposition ideal.

Packender zweiter Teil

Doch auch der ebenfalls bereits übliche zweite Teil mit dem Brucknerorchester unter Dennis Russell Davies bot ideale Eindrücke. Philippe Manoury ist sowohl Komponist als auch fundamentaler Musiktheoretiker. Sein gigantisch groß besetztes Orchesterwerk "Sound and Fury" ist trotz aller Mathematik ein packendes, emotional tief beeindruckendes Spiel zwischen zwei gleichen - links und rechts angeordneten Gruppen des Orchesters.

John Cage, visualisiert

Diese theoretischen Ideen übernahmen 1nOut (Robert Praxmarer und Reinhold Bidner) in eine dichte Bilderwelt.

Ganz konträr dann Jorn Ebners Konzept für präpariertes Klavier und Kammerorchester von John Cage. Von fragilen, handgezeichneten, geometrischen Figuren unterstützt, überzeugte Maki Namekawa auch hier mit ihrer zwingenden Interpretation.

Ein voller Erfolg

Nach einer Stippvisite im Donaupark mit etwas eintönigen Bytes von David Behrman folgte das ebenfalls etwas langatmige "Loudspeakers" von Charles Amirkhanian.

Den größten Applaus beim sehr zahlreichen Publikum löste dann Ryoichi Kurokawas "audivisual crossmedia concert" aus. In seiner dichten, schlichten Machart, war es trotz der Lautstärke, und der schnellen Bildfolge höchst beeindruckendund mitreissend.

Entschieden zu laut geriet jedoch Naut Humons "Re-Machinations" als Wechselspiel von Computer-, Cello- (Ulrich Maiss) und Imagemachine (Masako Tanaka).

Alles in allem: Dieser Abend war nicht nur ausgezeichnet kuratiert, sondern mit einem aufschlussreichen Programmheft und den hervorragenden Aufführungen auch ein voller Erfolg. Erkenntnis: Schlussendlich ist doch alles wieder analog, weil wir Menschen halt nur so funktionieren.

OÖnachrichten vom 05.09.2006
 
   



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