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Ausstellung: Kunst am Unort: In der alten Ankerbrot-Fabrik

17.04.2009 | 17:44 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

Dieses Wochenende formiert sich die Wiener Off-Kunstszene zur fünften "UnORTnung"-Ausstellung. Die Kunstwerke beziehen auch auch auf die Vergangenheit des Ausstellungsortes - etwa auf einen Streik gegen Nazis.

4000 Quadratmeter, 140 Arbeiten, 100 Euro pro Künstler für die Produktion. Soweit die doch bemerkenswerten Eckdaten einer Low-Budget-Ausstellung, die sich nur für drei Nächte und zwei Tage materialisiert – im verlassenen Backsteinbau der alten Ankerbrot-Fabrik in Wien Favoriten.

Mitten in einer Halle bläht sich ein riesiger Plastiksack auf, der formal frappant an frühe Luftkissen von Gerwald Rockenschaub erinnert – inhaltlich bezieht sich Paul Horn damit aber auf Backtriebmittel, die in Großbäckereien kostensparend eingesetzt werden. Daneben hat er von der Decke eine massive Schaukel gehängt: Sie soll den veruntreuten Freizeitgewinn der Arbeiter symbolisieren, der ihnen durch die Industrialisierung einst eigentlich versprochen wurde.

Ein Hinweis auch auf die bewegte Geschichte der 1891 gegründeten Ankerbrot-Fabrik: Sie war Schauplatz zahlreicher Arbeitskämpfe, 1894 etwa wehrte man sich gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen, selbst in der NS-Zeit wurde gestreikt.

Kunst soll sich auf Ort beziehen

Die zwei Installationen zeigen gut, worum es hier gehen soll: Die offen ausgeschriebenen, in leer stehenden Gebäuden stattfindenden „UnORTnung“-Ausstellungen verlangen immer nach Arbeiten, die sich speziell mit dem Ort und seiner Geschichte auseinander setzen.

Zur aktuellen fünften Ausgabe hat sich Organisatorin Veronika Barnas einen prominenten Co-Kurator eingeladen, Georg Schöllhammer, Gründer des Kunstmagazins „Springerin“. Vor allem von der „guten Qualität“ der eingereichten Werke war er ziemlich überrascht, sagt er, auch von der hohen Künstlerinnen-Beteiligung. Im Allgemeinen stellt er in der Wiener Szene eine Tendenz zur Aufarbeitung der formalen Avantgarden der 60er-, 70er-Jahre fest – was eine ganze Halle voller ironisch-minimalistischen Arbeiten beweist, mit Marmelade verleimte Glasziegel, eine auf Hochglanz polierte Raumecke, eine Verspannung mit Plastikfolie.

In Zukunft werden hier einmal Lofts entstehen, am besten gleich ein Zentrum für Creative Industries. Vom jetzigen, charmant baufälligen Zwischenzustand wird diese Ausstellung berichten, Elisabeth Czihak stellt auf einem Ständer sogar „Souvenirs“ bereit: Gratispostkarten mit Fotos der brachliegenden Fabrikshallen.


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