Salzburger Nachrichten am 28. Dezember 2006 - Bereich: Kultur
"Ich wollte keinen malenden Zen-Mönch mimen"

Die Salzburger Galerie Mario Mauroner Contemporary Art zeigt bis Mitte Februar "New Works" von Jakob Gasteiger GUDRUN WEINZIERL

Gudrun Weinzierl Interview Wie ein Rechen die Erde furcht, durchzieht Jakob Gasteiger in seinen Bildern mit einer gezahnten Spachtel das Material Farbe. Über seine Malerei "ohne persönliche Handschrift" sprach Jakob Gasteiger mit den SN.Seit über zwanzig Jahren ziehen Sie parallel liegende Linien in dick aufgetragene Farbe. Besonders Ihre monochromen, ausschließlich horizontal oder vertikal "gekämmten" Bilder veranlassen Menschen immer wieder, Ihre Malerei mit aufgetragenem Fliesenkleber zu assoziieren. Gasteiger: Die Assoziation mit Fliesenkleber mag ich nicht. Es sieht oberflächlich betrachtet zwar so aus, hält aber an technischen Nebensächlichkeiten fest. Das wäre ungefähr so, als würde man Künstler, die Pinsel verwenden, mit einem Maler und Anstreicher vergleichen. Spachtel und Pinsel sind Hilfsmittel, mehr nicht. Das soll aber nicht heißen, dass ich die Arbeit eines Fliesenlegers oder Anstreichers weniger schätze oder achte als meine Tätigkeit! Die von mir verwendeten Kammspachteln sind ein anonymes Werkzeug, sie ermöglichen mir, ohne "persönliche Handschrift" zu arbeiten.In den frühen 90er Jahren entstanden Bilder, als wäre ihr Farbauftrag zufällig und ohne Absicht erfolgt. Gasteiger: Meine Arbeit ist und war immer ein gestaltender, überlegter Prozess. Jedes Bild ist das Resultat einer detaillierten Überlegung, jede Werkgruppe ist das Ergebnis eines überlegten Konzepts. Auch wenn es manchmal den Anschein von Zufälligkeit hat und immer wieder Unvorhergesehenes während des Arbeitsvorgangs passiert. Sie schufen auch Arbeiten, die mit ihren kreisartigen Formen an meditative, konzentrierte Bewegungen eines Zen-Schülers erinnern. Gasteiger: Vor über zwanzig Jahren habe ich mich mit Zen beschäftigt, und meine frühen Arbeiten waren vielleicht kurz davon beeinflusst, aber ich wollte ja keinen malenden Zen-Mönch mimen. Monochromie wird generell sehr schnell als "meditativ" interpretiert.Ihre Bilder sind eindeutig als "Gasteiger" zu erkennen, obwohl Sie jede persönliche Bildsprache vermeiden. Gasteiger: Wenn ich mich einer reduzierten Formensprache bediene, stelle ich gleichzeitig Fragen über das Spontane, Expressive. Es freut mich aber, dass man mehr über meine Kunst als über mich weiß.

Ich stelle mit meiner Arbeit Fragen: Was ist ein Bild? Was ist der Bildträger? Was ist Farbe? Was ist Buntheit? Was ist Farbigkeit? Wo ist die Grenze von Grafik zu Malerei und von Malerei zu Skulptur? Es geht um eine Erweiterung eines Malereibegriffs und nicht um einen wie auch immer gearteten Inhalt.Thematisieren Sie in Ihren neuesten Arbeiten - wie sie derzeit in Salzburg zu sehen sind - einen neuen, expressiven Umgang mit der Farbe? Hat Farbe ein "Eigenleben" bekommen? Gasteiger: Die Malerei wirkt scheinbar expressiv. Die Farben sind jedoch überlegt auf die Leinwand aufgetragen und in meiner Technik mit der Kartonspachtel in Form gebracht. Ich thematisiere den Bildgrund, die ungrundierte Leinwand, die hier ein Bestandteil des Bildes wird. Die rohe, unbemalte Leinwand weist auf die mit Farbe besetzten Stellen hin und umgekehrt.Sie sind in Salzburg geboren, haben am Mozarteum studiert und haben unter den Künstlern der mittleren Generation eine eigenständige Position. Welchen Stellenwert hat Salzburg noch für Sie? Gasteiger: Salzburg ist die Stadt, in der ich meine ersten zwanzig Jahre gelebt habe. Mein Vater lebt noch dort und einige gute Freunde verbinden mich mit Salzburg.Als Sie vor 16 Jahren den Faistauer Preis bekamen, gab es Gegenstimmen, warum ein "Nichtmaler" wie Sie, der sich dem konventionellen Bildbegriff verschließe, diesen wichtigen Preis für Malerei bekomme. Ihre Arbeiten wirken oft mehr als Relief, denn als Tafelbild. Gasteiger: Ich bin Maler. Ich arbeite mit allen traditionellen Mitteln der Malerei und die Ergebnisse sind Bilder. Wenn diese Reliefcharakter haben, dann deshalb, weil ich die Grenze von Malerei zur Skulptur befrage. Noch deutlicher geschieht das bei meinen Aluminiumgüssen. Farbe ist für mich Material, das von mir nicht als Träger von Bedeutung oder Inhalt eingesetzt wird. Ich beschäftige mich mit den Grenzen von Nichtfarbe zu Farbe, Farbmaterial und Buntheit.Unter dem Titel "New Works" sind bis 15. Februar 2007 bei Mario Mauroner Contemporary Art Salzburg neueste Arbeiten der letzten Jahre zu sehen. Seit Dezember zeigt auch die Galerie Bernd A. Lausberg in Düsseldorf neueste Bilder Gasteigers.