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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
24. September 2009
18:16 MESZ

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Bis 10. 1. 2010

 

Kunst aus dem Fotoautomaten: "Self-Portrait" von Warhol 1963.


Amerikanische Kunstgeschichte ohne Patina
Das Kunsthaus Graz eröffnet am Wochenende "Warhol Wool Newman". Mit Bildern aus den Jahren vor dem Attentat auf Warhol 1968 wird der ungeheure Einfluss, den er bis heute auf die Kunst hat, unter Beweis gestellt

Graz - "Diese Bilder haben überhaupt keine Patina, sie sind absolut im hier und jetzt", stellt Kunsthaus-Intendant Peter Pakesch beim Gang durch die soeben gehängte Ausstellung Warhol Wool Newman fest. Ab Samstag zeigt das Grazer Kunsthaus Bilder des Pop-Künstlers Andy Warhol aus den Jahren 1962 bis 1967, darunter so berühmte wie seine Licorice Marilyn oder Double Elvis aus einem Western oder Twelve Jackies, Multiples der zur Ikone gewordenen Kennedy-Witwe.

In direkter Nachbarschaft dieser legendären Siebdrucke hängen Bilder von Barnett Newman, vornehmlich aus den frühen 60er-Jahren sowie Arbeiten von Christopher Wool. Die Kombination Warhol und Newman ist alles andere als zufällig oder neu. Schon seit der Eröffnung der blauen Blase im Jahr 2003 wollte Pakesch diese Ausstellung realisieren, die für ihn von der kunsthistorischen Behauptung ausgeht" , dass Newman einen wesentlich Einfluss auf Warhol hatte.

"Warhol eröffnete in einer einzigartigen Weise neue Räume, um mediales und öffentliches Denken zu Bildern zu reflektieren" , so Pakesch - beispielhaft dafür: das Bild Jackie Kennedys kurz vor der Ermordung ihres Mannes sowie jene zwölf, die sie beim Begräbnis zeigen, sind beispielhaft dafür. Warhol gab seinerzeit an, dass ihn der Mord am amerikanischen Präsidenten nicht besonders interessiert habe, wohl aber die öffentliche Rezeption.

"Ich behaupte, dass er die Freiheit und Offenheit, über Räume nachzudenken, aus der abstrakten Malerei von Barnett Newman bezogen hat" , erklärt Pakesch. Diese Theorie beweisen etliche Bilder Ausstellung, für deren Verleih der Kunsthaus-Chef ein ganzes Jahr persönlich in Museen überall in den USA aber auch in Europa Überzeugungsarbeit leistete.

Vor allem ein Werk schlägt die Brücke zwischen Newman, Warhol und dem jüngsten im Dreier-Bunde, Christopher Wool: Blue Close Cover Before Striking aus dem Jahr 1962, auf dem eigentlich eine blaue Zündholzschachtel zu sehen ist. Das Bild gibt es, wie so oft bei Warhol, auch in rot und gelb. In diese kleine "Matchbox" ist amerikanische Kunstgeschichte verpackt. Warhol zitiert auf ihr die bei Newman senkrecht verlaufenden schwarzen Leerräume, kippt sie aber in die Waagrechte und bringt außerdem Buchstaben mit ins Spiel.

Beim 1950 geborenen Wool wiederum stehen die Word Paintings, von denen in Graz nun einige zu sehen sind, im Mittelpunkt: Reduzierte Slogans und Kurzbotschaften aus der gegenwärtigen Mediengesellschaft sind teilweise mit viel Witz und Ironie den Werken der "alten Meister" gegenüber gestellt. Etwa wenn man seinen groß aufgemalten Spruch "The harder you look the harder you look" direkt neben drei Werken aus der Serie Most Wanted Men von Warhol sieht. Die Arbeit mit Fotos von Schwerverbrechern wurde bei der Weltausstellung in New York 1964 zensuriert. Aber auch ein schwarz-weißes Bild mit floralen Mustern Wools wirkt wie eine Variation auf Flowers von Warhol.

Für Pakesch, der mit dieser Schau die bisher teuerste in seinem Haus beherbergt, wird hier auch amerikanische Zeitgeschichte erzählt. Das Attentat auf John F. Kennedy - oder dessen Rezeption - wird etwa in den Jackie-Porträts thematisert.

Warhol als Filmer

Das Kennedy-Attentat kehrt thematisch im schnell geschnittenen Film Report (1963 - 1967) von Bruce Conner wieder, der eine Etage tiefer in der Sub-Schau Screening Real gezeigt wird: ein Beweis für die revolutionäre Kraft Warhols als Filmer. Neben Warhols Filmen Eat, Kiss, Blow Job und den Scrree Tests, markieren Conner und Sharon Lockhart Zeitpunkte und Entwicklungen in der Filmgeschichte. Lockharts in Maine gedrehte Filminstallation Double Tide ist dabei eine wunderschöne Arbeit über die Langsamkeit, wie sie Warhol - ganz anders - schon 40 Jahre früher vorgeführt hat. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD/Printausgabe 25.9.2009)
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