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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
27. Juni 2007
18:47 MESZ
Siemens_artLab
Dorotheergasse 12, 1010 Wien, Bis 21. Juli

Link: www.artlab.at  

Foto: artlab
Die Neurose, heißt es, ist eine Funktionsstörung, die gemeinsam mit anderen unangenehmen Symptomen auftritt.

Alleluja und Esselamu Alejkum im Siemens_artLab
Die Neurose, heißt es, ist eine Funktionsstörung, die gemeinsam mit anderen unangenehmen Symptomen auftritt

"Meine Neurose gehört mir" – eine Textzeile von Elfriede Gerstl, die letzte Woche ihren 75. Geburtstag feierte und die mit "Lass sie mir. Ich will sie behalten" ergänzt werden könnte. Ein Statement, das daran erinnert, wie lieb man mitunter die eigenen "Funktionsstörungen", unsere Neurosen und auch Vorbehalte, gewonnen hat und wie ungern sie aufgegeben werden, wenn sie sich erst einmal in unsere Psyche eingefressen haben.

Das bosnische Künstlerduo Kurt & Plasto hat mit "Greetings for Europe" eine zwölfteilige (an die Anzahl der EU-Gründungsmitglieder erinnernde) Plakatserie gestaltet, die die Erwartungshaltungen und Ängste der Bosnier, aber auch vom Rest Europas kurz vor der Integration des Landes in die Europäische Union thematisiert. Humorvoll, aber durchaus kritisch fallen die Sujets der beiden hauptberuflichen Werbespezialisten Almir Kurt und Samir Plasto aus. In Begriffen wie "Colosseum", "Freud", "Euripides", "Aleluja" oder "Prinz Eugen" heben sie die Buchstabenkombination "EU" farblich hervor, kommentiert mit Illustrationen, die historische und politische Zusammenhänge herstellen.

Neurosis etwa ziehen Kurt & Plasto als Erklärungsmodell für die Einstellung des vornehmlich christlich geprägten Europas gegenüber anderen Religionen heran. – Frech und augenzwinkernd ihre Assoziation zu "Freud", die die beiden Künstler in trauter Dreisamkeit mit einer aufblasbaren Sexgespielin zeigt: "Das ist der Beginn der psychoanalytischen Behandlung und der Start der EU-Therapie Bosniens". Auch das Straßburger EU-Parlament muss sanfte Prügel einstecken und wird als Colosseum, Ort der Gladiatorenkämpfe, dargestellt. Umso heftiger die Kritik an der Rolle der EU im Aufbau eines stabilen Bosnien-Herzegowinas: "Euthanasia". Genauer meinen sie: Passive Euthanasie. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.6.2007)


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