Eigentlich hätte es ja nur eine Chillida-Ausstellung werden sollen.
Aber mit dem Material von Plastiken ist es so eine Sache: Viele der
massiven Stahlexponate von Chillida waren schlichtweg zu schwer, um sie
transportieren und in den Räumen präsentieren zu können. So beharrt das
Material auf seinen Bedingungen und schafft hier staunenswerte
Realitäten.
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Eduardo Chillida, "Iru Burni", 1966 / ©Bild:
VG Bild-Kunst, Bonn 2002 |
Zwei spanische Urgewalten
Geht man nun durch die Ausstellung, so kann man erstaunliche Parallelen
zwischen den beiden spanischen Künstlern feststellen. Beide sind stark
geprägt von der unmittelbaren Landschaft Spaniens. Verarbeitet Chillida
das Licht des Baskenlands in seinen Skulpturen, so basiert das Werk Tàpies
auf seinen katalanischen Wurzeln und der Erfahrung des spanischen
Bürgerkriegs. Die Gemälde von Tàpies und seine Assemblagen vermitteln mit
ihren dunklen Tönen und eingearbeiteten Stofffetzen diese existenziellen
Erfahrungen.
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Antoni Tàpies, "Ohne Titel", 1961 / ©Bild:
Fondation Antoni Tapies Barcelona / VG Bild-Kunst, Bonn
2002 |
Tàpies Werdegang
Der 1923 in Barcelona geborenen Tàpies erlebte als Jugendlicher die
Zerstörung Spaniens im Bürgerkrieg und die massive Unterdrückung durch das
repressive Regime General Francos. Verbote und internationale Isolierung
hinterlassen bei ihm tiefe Spuren.
Inspiration lieferten den Daheimgebliebenen die Surrealisten der
Vorkriegszeit. Für Tàpies wird der Kontakt mit dem Dichter Josep Vicenc
Roix, dem Sammler und Publizisten Joan Prats und dem Künstler Juan Miró
prägend. Tàpies reizt das unbewusste Element, die automatistische
Arbeitsweise der Surrealisten.
Mystisches Repertoire
Es entstehen frühe Collagen aus Zeitungsschnipseln, Schnüren, Folien
und Stoff. Wie die Surrealisten, interessiert sich Tàpies für Okkultismus
und Mystizismus. Aus seiner Auseinandersetzung mit dem katalanischen
Mystiker Ramon Luli nimmt er die Symbole des Kreises, des Kreuzes sowie
Buchstaben in seinen Arbeiten auf.
Aufbruch zu neuen Ufern
Auch Tàpies verlässt wie Chillida Spanien und geht in den 50er Jahren
nach Paris und New York. Er lernt die "Informel" und die Abstrakten
Expressionisten kennen und studiert deren Werke eindringlich. Damals
beginnt er, an dicht strukturierten Bildern zu arbeiten. Tàpies sieht sie
als Wand von unterschiedlichen Stoffen.
Seine skulpturalen Bilder
Tàpies beginnt vermehrt unterschiedliche Materialien unter die Farbe zu
mischen. Mamorstaub, Kalk, Haare oder Sand werden mit Farbe vermengt und
auf die Leinwand aufgetragen. Es entstehen dicht beschichtete düstere
großformatige Bilder, die noch immer nach einem gewissen surrealistischen
Zufallsprinzip anhängen.
Gemeinsame Präsentation
Der Besucher des Guggenheim-Museums in Berlin kann nun Skulptur und
Malerei zweier Meister der spanischen Moderne entdecken, die die
Geschichte des 20. Jahrhunderts - jeder auf seine unnachahmliche Art -
künstlerisch verarbeiteten. In beiden Oeuvren geht es um die Grundfragen
der Existenz: Sinn, Not, Hunger, Sexualität, politische Repression, Gewalt
und Tod.
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