Im "Höhenrausch" führt Linz09 auf die Dächer der Kulturhauptstadt
Catwalk für eine Stadt
|
Ufos über Linz? – Maider López: "High Wheel". Foto: Kulturhaus
|
Von Julia Urbanek
"Eigentlich habe ich ein bisschen Höhenangst", flüstert der
portugiesische Künstler Ricardo Jacinto, als das Riesenrad zur dritten
Runde anhebt. Der sichere Boden ist allerdings weit entfernt, denn die
quietschbunte Jahrmarkts attraktion steht auf dem Dach eines großen
Parkhauses mitten in Linz.
Das Riesenrad, früher am Urfahraner Jahrmarkt und nun hoch über der
Stadt, kündigt seit Wochen den "Höhenrausch" an. So nennt sich das
große Linz09-Projekt des Offenen Kulturhauses (OK) – der Höhe- und
Endpunkt einer Trilogie: Der "Schaurausch" 2007 brachte Kunst in die
Schaufenster, der "Tiefenrausch" 2008 erschloss die unterirdischen
Stollen der Stadt. Der "Höhenrausch" bringt nun von 29. Mai bis 31.
Oktober Besucher in schwindelerregende Sphären.
Über die endlos scheinende Himmelsstiege aus Holz gelangt man auf
das Dach des OK und damit in einen Kunst-Lunapark, im Zentrum das
Riesenrad, vom Spanier Maider Lopez in schrilles Rot und Grün gefärbt.
Am schwarzen Ballonbündel von Ricardo Jacinto kann man sich wie ein
Kitesurfer in die Luft heben lassen und so einen eigenen Höhenrausch
erleben, das Körpergewicht wird um 35 Kilo vermindert – Kinder können
damit also regelrecht fliegen. Jacinto überträgt das Geschehen mittels
einer Camera obscura in einen stockdunklen Raum und thematisiert mit
der Arbeit die Störung des Gleichgewichtssinns und jenen Kick, den man
auf Jahrmarktattraktionen erlebt.
Melodiöser Regen
Paul DeMarinis aus den USA hat hier "Rain Dance" aufgebaut: Wer sich
mit einem Regenschirm unter die fließenden Wasserfäden stellt, hört
bekannte Melodien – der Schirm wird zum Resonanzkörper. Ein Parcours
aus Holzstegen führt auf das Dach eines großen Einkaufszentrums und in
die höchsten Höhen der Schau. Hier ist nur noch die Stadt der Star: Ein
360-Grad-Blick zeigt Kirchtürme, Dachgärten, Blicke in kleine Gassen,
die schmauchenden Schlote der Voest und selbst die mächtige Donau wirkt
hier nur wie ein Nebendarsteller.
Die Schau sei "ein Catwalk für die Stadt selbst, hier kann man sie
nach Herzenslust anschauen", erklärt Linz09-Intendant Martin Heller.
Über die Linz09-Lounge gelangt man zur Kernkompetenz des OK, der
Gegenwartskunst: Erwin Wurm, Roman Signer und Inger Lise Hansen
beschäftigen sich filmisch mit dem Thema Höhenrausch. Das OK wird hier
durch eine Brücke mit dem Ursulinenhof und dessen neuer Kunstsammlung
Artothek verbunden. Über einen Heilkräutergarten am Dach des
Ursulinenklosters und einen Dachboden landet man schließlich wieder
sicher auf der Landstraße.
Eröffnet wurde die Schau mit einem echten "Höhenrausch": Martin
Music ließ sich von 5000 Heliumballons auf das OK-Dach tragen. Am
Wochenende gesellen sich weitere Linz09-Höhepunkte zum "Höhenrausch":
Von 30. Mai bis 1. Juni findet im Donaupark das "LinzFest" mit
ehemaligen und zukünftigen Kulturhauptstädten statt, am 29. Mai fahren
erstmals die neuen Garnituren der Pöstlingbergbahn.
Ausstellung
Höhenrausch
OK Offenes Kulturhaus OÖ Martin Sturm und Paolo Bianchi (Kuratoren)
Zu sehen von 29. Mai bis 31. Oktober, tgl. außer Dienstag, 11 bis 22
Uhr Tel.: 0732/78 41 78-555 http://www.ok-centrum.at http://www.linz09.at
Printausgabe vom Samstag, 30. Mai 2009
Kommentare zum Artikel:
Kommentar senden:
* Kommentare werden nicht automatisch
veröffentlicht. Die Redaktion behält sich vor Kommentare abzulehnen.
Wenn Sie eine Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme als Leserbrief in
der Druckausgabe wünschen, dann bitten wir Sie auch um die Angabe einer
nachprüfbaren Postanschrift im Feld Postadresse. Diese Adresse wird
online nicht veröffentlicht.