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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst | documenta XII 
02. August 2007
14:56 MESZ
Besucherrekord bei documenta-Halbzeit
Positive Bilanz nach 50 Tagen - Mohnfeld blüht, Reis noch nicht

Kassel - "Das Mohnfeld sieht jetzt ganz anders aus. Es erstrahlt in voller Blüte!" Im Tourismus-Büro der Stadt Kassel zieht man nach 50 Tagen documenta 12 eine begeisterte Halbzeitbilanz. Die anfänglichen Pannen, die etwa die von der kroatischen Künstlerin Sanja Ivekovic in der Innenstadt gepflanzte Blumenwiese als Steppe erscheinen ließen, sind vergessen. Und auch die Zahlen stimmen. 330.000 Besucher, 16.000 mehr als zur documenta 11 im bisherigen Rekordjahr 2002, werden bis Samstag laut Angaben der Veranstalter die weltweit wichtigste Ausstellung moderner Kunst besucht haben. Besonders viele Gäste kommen heuer aus dem asiatischen und dem osteuropäischen Raum.

"Wir sind zuversichtlich, am Ende der Ausstellung mindestens so viele Besucher wie 2002, wahrscheinlich doch einige mehr begrüßen zu dürfen", wird documenta-Geschäftsführer Bernd Leifeld in einer Aussendung zitiert. 650.000 Besucher waren es damals. Mehr als 500 Arbeiten von 113 Künstlern (darunter mit Ines Doujak, Peter Friedl, Gerwald Rockenschaub, Florian Pumhösl, Simon Wachsmuth und Olga Neuwirth auch einige aus Österreich) sind noch bis zum 23. September zu sehen.

Der künstlerische Leiter der documenta, Roger M. Buergel, und seine Lebensgefährtin, die Kuratorin Ruth Noack, haben die erste Halbzeit der Schau permanent vor Ort betreut: "Kunst funktioniert als Medium der Welterkenntnis, jedenfalls erfahre ich das täglich in der Ausstellung und in der Begegnung mit dem Publikum", so Buergel. "Es gibt eine wunderbare, von Neugier und Konzentration geprägte Atmosphäre." Die Besucher seien Menschen, die "eine erstaunlich große Neugierde mitbringen und eine Bereitschaft, sich auf die documenta 12 einzulassen. Auf eine Ausstellung, die ja ein anderes Wirklichkeitsbild als das notorische euro-amerikanische vermitteln möchte".

Aktivitäten mit den chinesischen Gästen

In der Tat hat der chinesische Künstler Ai Weiwei mit seinem während eines Sturms zusammengebrochenen Turm "Template" aus Türen und Fenstern alter chinesischer Häuser für Aufsehen gesorgt. Ai Weiwei ist allerdings bereits im Juli als letzter der 1001 Chinesen abgereist, die im Rahmen seines "Fairytale"-Projekts zu Besuch waren. "Die hat man verpasst, wenn man jetzt nach Kassel kommt", so documenta-Sprecherin Catrin Seefranz: "Im mentalen Leben der Stadt haben sie natürlich viele Spuren hinterlassen."

Sowohl Ai Wei Wei als auch die 1000 Besucher aus China seien von der Gastfreundschaft begeistert gewesen: "Mit dem Enthusiasmus, der den Besuchern entgegengebracht wurde, war nicht zu rechnen: Fahrräder wurden gesammelt, Fußballturniere organisiert, Schnellkurse in Chinesisch belegt. Täglich trafen neue Einladungen für gemeinsame Aktivitäten mit den chinesischen Gästen ein. Ai Weiwei bedankte sich ausdrücklich bei den BürgerInnen Kassels für ihre Bereitschaft, sich auf die von ihm geplante 'Begegnung zweier verschiedener Kulturen' einzulassen", so Seefranz.

Die Überreste des Turms sind weiterhin eine der zentralen Attraktionen der Schau, in der es "eigentlich immer Neues zu entdecken gibt". Am 16., 17. und 18. August wird etwa eine Tanz-Performance der amerikanischen Künstlerin und Filmemacherin Yvonne Rainer gezeigt, zum Abschluss der documenta wird es eine Modeschau der senegalesischen Modemacherin Omou Sy im Bergpark Wilhelmshöhe geben. Nur der viel besprochene Reis macht weiterhin Probleme: Das Reisfeld des thailändischen Künstlers Sakarin Krue-On vor dem Schloss Wilhelmshöhe wurde nach Anfangsproblemen bald auf Trockenanbau umgestellt, "wird aber wegen des bisher sehr wenig sommerlichen Wetters hier kaum blühen", so Seefranz: "Krue-On verfolgt den Prozess mit großer Neugier und ist auf die Ergebnisse dieses 'Ackerbau-Experiments', wie er es nennt, gespannt." (APA)


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