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03.02.2003 17:34

Das Hundertwasser-Krawina-Haus
Knalleffekt: Der Architekt Josef Krawina ist Miturheber des kunterbunten Gemeindebaus



Wien - Vielleicht nicht unbedingt die Geschichtsbücher, aber zumindest die Reiseführer werden umgeschrieben werden müssen. Denn der Architekt Josef Krawina lieferte vor über 20 Jahren die architektonische Grundidee für jenes Bauwerk, das gemeinhin als "Hundertwasser-Haus" bezeichnet wird. Und bekam nun vom Obersten Gerichtshof Recht: Aufgrund einer einstweiligen Verfügung ist es den Betreibern des Hundertwasser Kunsthauses derzeit "verboten, das Hundertwasser-Haus zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten, wenn dies ohne Bezeichnung des emeritierten Universitätsprofessors Josef Krawina als Originalmiturheber" geschieht.

1979 hatte die Stadt Wien Friedensreich Hundertwasser gemeinsam mit Krawina beauftragt, das Bauprojekt in der Löwengasse zu realisieren, denn der selige Herr Kunterbunt verfügte nicht über die Berechtigung, Architekten- und Statikerleistungen zu erbringen. Krawina fertigte in der Folge Skizzen und Modelle an. 1981 kam es zwar zum Bruch mit Hundertwasser aufgrund von "Auffassungsunterschieden" über die Fassadengestaltung, aber die von Krawina entwickelte Grundstruktur wurde mehr oder weniger beibehalten.

Das Argument, Josef Krawina hätte ohnedies von der Stadt 77.000 Euro "zur Abgeltung aller seiner Leistungen und Rechte" erhalten, ließ der OGH ebenso wenig gelten wie die Ansicht, der Architekt sei nur ein Erfüllungsgehilfe von Hundertwasser gewesen: Das Urheberrecht steht allen Miturhebern gemeinsam zu, egal wie umfangreich oder bedeutend der Beitrag auch ist.

Natürlich mutet es ein wenig eigenartig an, dass Krawina erst rund 20 Jahre später seine Rechte geltend macht. Doch der Architekt, ein gebürtiger Kärntner, wurde als Professor nach Berlin berufen, wo er viele Jahre lebte, später litt an einer schweren Erkrankung. Und, wie das Gericht dezidiert erklärte: Verwirken kann man seine Rechte nicht.

Die OGH-Entscheidung erwirkte der Wiener Anwalt Michel Walter, ein Spezialist für Urheberrecht. Er kämpft nun im Hauptverfahren um eine finanzielle Beteiligung an den Erlösen aus den Produkten, in denen das Hundertwasser- Haus als Motiv verarbeitet wird, insbesondere Kunstkarten, Poster, Seidentücher, und zwar drei Jahre rückwirkend. Denn nur Abbildungen des fertigen Bauwerks dürfen frei genutzt werden. Eine außergerichtliche Einigung hält Walter für wahrscheinlich.

Theoretisch sei es zudem möglich, alle jene zu klagen, die Krawina nicht als Miturheber nennen. Also: das Hundertwasser-Krawina-Haus! (DER STANDARD, Printausgabe, 4.2.2003)


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