Mit ihrer Skrupellosigkeit, die seit den neunziger Jahren
so bemühte politische Korrektheit zu ignorieren, ja zu konterkarieren, hat
Kara Walker in der internationalen Kunstwelt schon einige Beachtung
errungen. Auch in Wien ist die 1969 in Kalifornien geborenen
afroamerikanische Künstlerin keine Unbekannte: In der Saison 1998/99 war
sie die erste, die den Eisernen Vorhang der Staatsoper mit einem eigenen
Werk verhüllen durfte.
Die Deutsche Bank organisierte in diesem Jahr mit
Arbeiten Walkers aus der eigenen Kunstsammlung und Leihgaben eine
Wanderausstellung durch Europa. Letzte Station ist jetzt das
Museumsquartier in Wien, das Untergeschoß, genannt die Factory, des
Museums Moderner Kunst.
Das schummrige Licht beruhigt zuerst, der Blick schweift
durch den Raum - es wird wohlig, man vermeint Vertrautes zu sehen: die
schwarzweißen Silhouetten, so geliebt in der Kindheit - Scherenschnitte.
Seit dem 17. Jahrhundert ist diese Technik gebräuchliche, zur
Goethe-Zeit erreichte sie ihren Höhepunkt, für Kara Walker ist sie
verharmlosende Tarnung für ihre Phantasien voll Sklavinnen, Demütigungen,
Sadismus, Sex und Gewalt.
Die Zeit der Sklaverei in Amerika, der Kampf aus diesem
heraus fließt bei Walker mit Szenen aus Märchen und Mythologie zu
unangenehm berührenden Bildgeschichten, gespickt mit dem noch heute
schwelenden Rassismus. Freimütig erzählt sie etwa in einem Interview: "Ich
habe entdeckt, daß ich in den sexuellen Erfahrungen von Menschen ein
Markstein war - es mit einer Schwarzen zu treiben, gilt als Prüfung
(....). Es ist schon ein wenig masochistisch zu entdecken, daß du
lediglich der Körper in der Lebensgeschichte eines anderen warst.
Vermutlich ist das der Grund, weshalb ich mich für den schrägen Blick
entschlossen habe: ein wenig Sklavin sein".
Ein gefährlicher Weg, den Kara Walker eingeschlagen hat,
bedienen ihre Arbeiten doch auch bedingungslos das, was sie eigentlich
anprangert: Voyeurismus und Vorurteile. Doch wie so oft, schützen die
Mauern der Museen die Kunst vor sich selbst. sp
Bis 16. Februar. Di. bis So. 10 bis 18 Uhr, Do bis 21
Uhr.
© Die Presse | Wien