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Das Wiener Kuratorenteam grenzt sich bereits über den Titel von
vergleichbaren, zeitgleichen Ausstellungen ab, die als Nachwirkungen des
11.-September-Ereignisses gelesen werden können: im Grazer Kunstverein
‹Angst› oder jetzt im Zürcher Museum Bellerive ‹GewaltBilder›. Während im
Museum Bellerive die Frage nach ‹der Darstellbarkeit von Gewalt› und
‹Gewaltsamkeit als künstlerische Strategie› gestellt wird, sehen
Creischer/Siekmann die Verbindung zwischen Kunst und Militanz in ‹Form von
Aufführung oder Demonstration, die verbunden ist mit der wichtigen
Anmassung, öffentlich im Namen anderer zu handeln oder sich zu
artikulieren›. Dies lässt sich leichter verstehen, wenn der Ausgangspunkt
des Konzeptes genannt wird: die Proteste gegen die Politik der WTO, IWF
und der G8-Treffen, ‹jedenfalls bevor ein Verständnis für politische
Militanz zwischen die Mahlsteine von Terror und staatlichem Gegenterror zu
geraten drohte›. So finden sich keine direkten Bezüge zum 11. September,
dafür aber eine ‹politische Geschichte der Militanz›, welche das
Kuratorenteam mit der französischen Revolution beginnen lässt. Zehn
Schwarzweissfotografien der Pariser Commune 1871 leiten den
Ausstellungsrundgang ein, gefolgt von Blättern aus Otto Neuraths
‹Bildstatistischem Atlas› und faszinierenden Drucken seines
Grafiker-Kollegen und Partners Gerd Arntz aus dem ‹Bildstatistischen
Elementarwerk› (1930). Während Neurath und Arntz mit ihren Mengenbildern
und -piktogrammen soziale Situationen und auch Kämpfe darstellen, finden
als nächste Station Charlotte Posenenskes Vierkantrohre ihre Position in
dieser Geschichte wohl vor allem über ihren Rückzug 1968: Kunst könne
nichts zur Lösung ‹drängender gesellschaftlicher Probleme beitragen›. Umso
bemerkenswerter sind dagegen Gerard Fromangers (*1939) beeindruckende
Ölbilder, die bislang weniger aus Ausstellungen denn aus einem Buch von
Deleuze/Foucault bekannt sind. Fromanger greift in seinem Diptychon mit
den Mitteln der Malerei die Debatte zwischen der Bourgeoisie und ihrer
sozialrevolutionären Kritik auf.
Bemerkenswerterweise entspricht
der vorgeschlagene thematische Rundgang nicht der räumlichen Hängung, die
eine eigene und eigenwillige Inszenierung bildet. So kann die
Gleichzeitigkeit historischer und zeitgenössischer Werke als nachzulesende
Geschichte verfolgt oder die Ausstellung mit einigen bemerkenswerten,
bisher viel zu wenig beachteten KünstlerInnen gesehen werden. ‹Gewalt›
oder ‹Militanz› tritt darin eher als Randthema auf. ‹Die Ausstellung hat
nicht den Anspruch, eine Art globale Phänomenologie zum Thema Militanz zu
liefern. Sie kann nur eine einseitige – eine sehr parteiische – Skizze
bleiben› schreiben Creischer/Siekmann in ihrem Statement – und lösen genau
dies ein. Im März folgt ein Katalog.
Bis 21.4.
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