VN Fr, 6.12.2002

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Kultur 

Das ganze Kunsthaus atmet

Die Doug-Aitken-Ausstellung wird heute im Kunsthaus eröffnet

VON ARIANE GRABHER

Bregenz (VN) "Dieser Typ ist in deiner Stadt" verkünden die Billboards an der Bregenzer Seestraße. Mit Messages und Bildern ist er bereits vor einigen Tagen in die Stadt eingefallen. Jetzt ist er tatsächlich da, und heute Abend wird die Ausstellung des amerikanischen Medienkünstlers Doug Aitken im Kunsthaus eröffnet. "New Ocean (a shifting exhibition)" beendet das Ausstellungsjahr mit einem Paukenschlag.

Seit seine preisgekrönte Videoinstallation "Electric Earth" 1999 bei der Biennale von Venedig von Publikum und Kritikern gleichermaßen hochgelobt wurde, zählt der 1968 in Redondo Beach/Kalifornien geborene Doug Aitken mit seinem zwischen Medienkunst und Popkultur oszillierenden Werk zu den internationalen Superstars.

Internationaler Star

Befasst mit einer nachhaltigen Neuinszenierung des Mediums Video, die wesentlich vom Fluss der Bewegung (auch des Betrachters) und dem originären Bildmaterial lebt, handelt sein Werk von Raum und Zeit, von Chaos und Ordnung, vor allem aber von der Interaktion von Mensch und Natur. Zwei zentrale Werke aus der modular konzipierten Folge "New Ocean", erweitert um zwei in Europa erstmals gezeigte Werkgruppen, stehen im Mittelpunkt der Ausstellung im Kunsthaus. "New Ocean (a shifting exhibition)" besteht aus individuellen, a priori sehr unterschiedlichen Arbeiten. In ihrer Abfolge verbinden sie sich jedoch, einer Welle gleich, zu einem raumübergreifenden Zyklus.    

Macht der Bilder    

Zwei bemerkenswerte Dinge bilden den Auftakt zu dieser fulminanten Schau: räumlich abgetrennt, durch Farb- und Materialwahl unterstützt, verwandelt Aitken das coole Foyer erstens in einen veritablen Ausstellungsraum. Allerdings, und damit zweitens: zu sehen gibt es in der für Bregenz neu produzierten Soundinstallation "You exist, you think" zunächst wenig, ungewohnt wenig. Eigentlich gar nichts, sieht man von den auf hölzernen Plattformen stehenden, sitzenden oder liegenden Besuchern einmal ab. Beschallt von Lautsprechern über ihnen werden diese selbst irgendwie zu Skulpturen im Raum. Gleichzeitig suggeriert das an- und abschwellende Atemgeräusch Gefühls- und Erregungszustände und das imaginäre Bild atmender Menschen. Doch bereits ein Stockwerk höher ist die (Bild-)Welt wieder in Ordnung und die folgenden Arbeiten lassen in ihrer Sogwirkung, als eindrückliches Zusammen von Bild und Ton, keinen Moment über die Macht der Bilder im Unklaren.

Permanent im Fluss

"Interiors" (2002) thematisiert in einer kreuzförmigen Architektur den Großtadtmenschen in scheinbar unvereinbaren Geschichten. Die Eindimensionalität des Blickes "Innen" lässt sich nur in der Bewegung und von "Außen" entschlüsseln. Urbane Wastelands und die Einsamkeit menschlicher Existenz verdichten sich, der Sound wird lauter, die Bilder kommen näher, alles steigert sich - und geht dann einfach weiter.

Wo es unter der Regie des französischen Künstlers Pierre Huyghe vor kurzem noch schneite und regnete, da lässt es Aitken in seiner Videoprojektion "Thaw" von schmelzenden Gletschern in Alaska knistern und knacken, tropfen und tauen.

Im Wechsel von mikro- und makroskopischen Aufnahmen lässt er die Wolken ziehen, die Berge Kopf stehen und beweist, dass die Bilder mittlerweile realer als die Realität geworden sind. In eine digitale Topographie aus Urgewalt und Naturschönheit lädt der monumentale Rundbau von "New Ocean Cycle" (2001) ein.

Vom Rinnsal bis zum Wasserfall, natürlich und künstlich, überall und nirgends, als "sich ständig verändernder Zustand, permanent im Fluss und im Wandel" (Aitken) überführt der Künstler in seiner Rundumsicht auf den Boden einer Welt, aus der man nur ungern wieder auftaucht.  

Doug Aitken versetzt den Besucher in die viereckige Welt der Großstadt und ihren Bewohnern.

Die hölzernen Plattformen bieten Platz zum Hören.




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