Hohenems (VN-cf) Gestern ist die Entscheidung offiziell bekannt
gegeben worden: Hanno Loewy wird mit erstem Jänner den bisherigen
Leiter des Jüdischen Museums, Johannes Inama, ablösen.
"VN": Wie definieren Sie das Jüdische Museum?
Loewy: Das Museum hat immer schon intelligente, starke Arbeit
geleistet. Einerseits mit kritischer Rekonstruktion der jüdischen
Regionalgeschichte und andererseits im Bereich Erinnerungskultur.
"VN": Welche Impulse werden neu dazukommen?
Loewy: Die politischen und die kulturellen Rahmenbedingungen
haben sich in Europa sehr verändert. Allgemein ist ein größeres
Selbstbewusstsein der Juden in Europa zu spüren. Sowohl die wieder
auflebende jüdische Gesellschaft, als auch das multikulturelle
Europa werden eine Rolle spielen.
"VN": Klingt nach einem gegenwartsbezogenen Museumskonzept.
Loewy: Ich möchte verstärkt nach Formen suchen, mittels derer
sich das Museum nicht nur zur Geschichte, sondern auch zur Gegenwart
äußert. Im zusammenwachsenden Europa, das sich als Einwanderungsland
definiert und lernt, mit den dadurch entstehenden Problemen
umzugehen, sind auch Hohenems und das Museum Teile dieser
Bewegungen.
"VN": Wie werden diese
Formen aussehen?
Loewy: Die Ausstellung wird im Vordergrund bleiben. Vorträge,
Seminare usw. möchte ich aber gerne weiter ausbauen. Auch die
Zusammenarbeit mit anderen Initiativen ist mir ein Anliegen. Erst
muss ich aber die Region genauer kennen lernen, um herauszufinden,
mit welchen Menschen man in Vorarlberg gemeinsam Pferde stehlen
kann.
"VN": Inwiefern ist Hohenems heute noch vom Holocaust geprägt?
Loewy: Die Tatsache, dass in Hohenems keine jüdische Gemeinde
mehr existiert, ist wie eine offene Wunde spürbar. Hier leistete das
Jüdische Museum bereits einen großen Beitrag.
"VN": Am 20. September wird im Museum eine Ausstellung von Ihnen
zu sehen sein. Worum handelt es sich?
Loewy: Die Fotoausstellung nennt sich "Milch und Hering". Dazu
wird Essen und Trinken serviert, ein DJ ist bereits eingeladen, eben
alles, was man für eine richtige Party braucht.
Dr. Hanno Loewy
Der Literatur- und Filmwissenschaftler, Ausstellungsmacher und
Publizist wird ab 1. Jänner 2004 die des Jüdischen Museums
übernehmen.
Geboren: 1961 in Frankfurt am Main Ausbildung: Studium der
Literaturwissenschaft, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft und
Kulturanthropologie in Frankfurt am Main Laufbahn: Seit 1982
Tätigkeit als freier Publizist und Ausstellungsautor,
Gründungsdirektor des Fritz Bauer Instituts in Frankfurt a. M.,
Lehrbeauftragter an der Universität Konstanz