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01.04.2003 - Ausstellung
Schicke Langsamkeit
Jung und gut: Die Kunsthalle Wien zeigt Kurzfilme, Videoinstallationen von Anri Sala.
VON ALMUTH SPIEGLER


A
ngenehm. Die Kunsthalle Wien setzt in ihrer Aus stellung in der kleineren Halle im Erdgeschoß nicht auf einen großen, publikumsträchtigen Namen, sondern stellt einen jungen albanischen Künstler vor. Dabei ist Anri Sala, 1974 in Tirana geboren, trotz seines Alters international bei weitem kein Unbekannter mehr - bei der Biennale Venedig 2001 erhielt er den "Young artist price", und auch in Wien füllte der fesche Videokünstler am vergangenen sonnigen Samstag die Lounge im Kunsthalle-Keller zur Podiumsdiskussion.

Die steile Karriere Anri Salas ist ein typisches Beispiel für den globalisierten Ausstellungsbetrieb der Gegenwart, der gierig neue Sternchen konsumierbar macht, am besten, sie stammen auch noch aus einer Armutsecke dieser Welt, wie Albanien. Die Liste von Anri Salas Ausstellungsbeteiligungen allein in den letzten vier Jahren ist so enorm wie prominent - und beginnt etwa in der Zeit, als Sala von Tirana nach Paris gezogen ist, wo er seit 1996 lebt.

Die Wiener Kunsthalle jedenfalls tut, was sie soll - den State of the Art einfangen - und organisierte die erste umfassende Werkschau Anri Salas. Die Halle 1 verwandelt sich dafür in eine mythische Black Box, in der sich neuere Video-Installationen mit älteren Arbeiten auf Fernsehschirmen abwechseln.

Vorsichtig tastet man sich durch den verschwundenen Raum und findet sich wieder am Meeresstrand, in der Nacht. Lichtkegel von Taschenlampen schwirren über den Boden, jagen fragile Krebse, denen nackte Füße immer wieder den Weg versperren. "Ghostgames" ist die jüngste der acht gezeigten filmischen Arbeiten und auch ein Bruch im jungen Werk. Es ist nicht klar zu erfassen, hier fehlt der dokumentarische Hintergrund, für den der 28-Jährige bekannt wurde und mit dem er unaufgeregt Geschichten aus seinem Umfeld erzählte. Wie etwa im Video "Uomoduomo", in dem Sala einfach einen Obdachlosen im Mailänder Dom fixiert.

Ein anderes, ein grandioses Beispiel seines melancholischen Stils ist "Arena". Sanft wird der Blick durch den Zoo von Tirana geführt, durch verlassene Gehege, in leere Käfige, den Park - hier ein vereinzelter Affe, dort spielende Hunde. Trist, aber friedlich.

Über allem liegt eine spröde Liebe, zum Ort und zu den Menschen, die Sala mit einer wehmütigen - und ein bisschen schicken - Langsamkeit festhalten will.



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