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25.06.2002 - Ausstellung
Wege der russischen Avantgarde
Die Galerie Krinzinger zeigt graphische und skulpturale Masterpieces aus der Russischen Avantgarde.
VON FLORIAN STEININGER


Mit einer Auswahl exquisiter Werke der russischen Moderne hat die Galeristin in Kooperation mit der Kölner Galerie Gmurzynska eine Schau komponiert, die in ihrer Struktur übersichtlich und komprimiert den radikalen Aufbruch in der russischen Kunst ab Mitte der zehner Jahre vor Augen führt.

Der Einstieg läuft über patriotische antiwestliche Propagandaplakate von 1914. Dieser konventionelle, an Volkskunst und Kinderbuchillustrationen erinnernde Stil findet jedoch in Kasimir Malewitschs gleichzeitig erschaffener suprematistischer Kunst sein radikalstes Gegenstück. Neben Skizzen suprematistischer Kompositionen bildet eine Entwurfszeichnung des Schwarzen Quadrats den Höhepunkt der Schau.

Schriftliche Überlegungen zu Malewitschs suprematistischer Anschauung sind in konzeptioneller Manier auf dem Millimeterpapier festgehalten. Von der Urform des Schwarzen Quadrats ausgehend - sowohl radikalste Äußerung in der abstrakten Malerei als auch moderne Form der russischen Ikone - lassen sich Variationen und Weiterentwicklungen wiederfinden: als dreidimensionale Transformation in utopische Architekturmodelle, Dekor für Kunstgewerbe, in Entwürfen für Wandgestaltungen.

Wie nachhaltig befruchtend die russische Avantgarde war, zeigt sich besonders in Alexander Rodtschenkos bildhauerischer Leistung. Die in Repliken präsentierten Holzobjekte aus den frühen zwanziger Jahren nehmen Gestaltungsprinzipien der US-Minimal-Art vorweg. Serialität, die idente Form der Einzelteile, die Überwindung der menschlichen Figur, das Abstrakte und die Auflösung des Sockels prägen Rodtschenkos räumliche Konstruktionen, die ihre direkte Nachfolge bei Carl Andre in den sechziger Jahren finden.

Dadaistisch ausgerichtete Photomontagen von Galadzhew und figurative ins Musterhafte tendierende Zeichnungen von Filonow bereichern die Ausstellung und relativieren den auf formale geometrische Strenge beruhenden Kanon dieser Periode.

I., Seilerstätte 16; bis 12. Juli.



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