Medienkunst im Paket | |
In einer groß angelegten Retrospektive zeigt die Generali Foundation
in Wien die Anfänge der Medienkunst von den späten 60er Jahren bis in die
frühen 80er Jahre.
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Medienkunst - das war eines der
umstrittenen Leitvokabeln im Kunstbetrieb der 80er Jahre. Geradezu typisch
für diese Entwicklung waren Ausstellungseröffnungen, bei denen ein stolzer
Peter Weibel erklärte, dass hier alles in "Echtzeit" ablaufen würde. Vor
dem Eingang eine Videokamera und irgendwo im Inneren dann das verfremdete
Bild auf einem oder mehreren Bildschirmen. Für die einen waren solche und
ähnliche Konzepte für Installationen schlichtweg eine Provokation, weil
bloß Illustration von technischen Möglichkeiten. Die anderen dagegen
orteten genau hier den wahren Fortschritt der Kunst. Doch das Blatt hat sich längst gewendet. Neue Medien, Elektronik,
digitale Aufzeichungsverfahren und Großprojektionen von Festplatte werden
je nach Bedarf selbstverständlich eingesetzt und selten gesondert
thematisiert. Idealer Ort der Präsentation Anders zu Beginn - in den 60er Jahren - als Künstlerinnen und Künstler
mit so genannten audio-visuellen Heimtechnologien zu experimentieren
begannen. Das dokumentiert jetzt die Ausstellung Re-Play. Dass eine
derartige Retrospektive jetzt in der Kunsthalle der Foundation präsentiert
wird, scheint nahe liegend, denn in den 90er Jahren hat die Generali ihre
Sammlung zeitgenössischer österreichischer Skulptur in Richtung neue
Medien erweitert. Markant in dieser Adjustierung des Programms war auch
die Vergabe des Skulpturenpreises 1995 an Valie Export. Damit wurde der
Definition des Videos als raumübergreifendes Medium und somit erweiterte
Form der Skulptur Rechnung getragen. Die künstlerische Leiterin der Generali Foundation, Sabine Breitwieser,
ist von der Unmittelbarkeit des Mediums Video fasziniert: "Die Tatsache,
dass man sich selbst aufnimmt und - anders als beim Film - diese Aufnahme
sofort einsehen, beobachten und kontrollieren kann, dass man also Feedback
erhält, hat eine unheimliche Auswirkung auf die Kunstproduktion
gehabt". Besucher als Kunstgegenstände Das führt noch einmal zurück zu Peter Weibel. 1969 hat er die Besucher
der Galerie "Junge Generation" mit einem tragbaren Videogerät interviewt
und die Aufnahmen dann gleich abgespielt, so dass die Vernissagegäste sich
selbst als Ausstellungsgegenstand erleben konnten. Valie Export, die
damals als Kamerafrau agierte, war genauso fasziniert von den
Möglichkeiten des neuen Mediums. Strangers in the night "Video hat für viele Künstlerinnen neue Wege ermöglicht, weil es keine
festgeschriebene Geschichte hatte. Es war ein unbelastetes Medium",
erklärt Sabine Breitwieser. Sehr früh ist etwa eine heute legendäre Arbeit
von Valie Export entstanden: Split reality, eine Performance, bei der
Valie Export 1970 in London aufgetreten ist. Dort spielte sie während
einer kleinen Darstellung den Frank-Sinatra-Klassiker "Strangers in The
Night" und hat dazu gesungen. Gehört hat man allerdings nur Valie Export.
Split-Reality ist nun in der Generali Foundation zu sehen. Auf einem
Fernsehschirm die singende Valie Export und darunter auf einem Tischchen
ein alter Plattenspieler, auf dem die Single "Strangers in The Night"
läuft. Zurück in die 70er Überhaupt wirkt die Schau wie eine typische Medienkunst-Ausstellung der
Frühzeit. Man sieht sich einem Dickicht von Bildschirmen gegenüber.
Dazwischen bunte Blöcke aus Styropor zur Dekoration oder als
Sitzgelegenheit, um den Retro-Charakter der Ausstellung zu betonen. Alles
erinnert an die 70er Jahre. Immer die Nase vorn Neben Aufnahmen von österreichischen Avantgardisten wie Richard
Kriesche, Gottfried Bechtold oder aus späterer Zeit von Brigitte Kowanz,
sind auch Bänder von Amerikanern wie Allan Kaprow, Richard Landry oder
Bruce Nauman zu sehen. Frühe Installationen von Ernst Caramelle oder
Gottfried Bechtold, dessen Arbeiten immer wieder eine Portion Ironie
enthalten, wurden rekonstruiert und nachgebaut. Zu sehen ist etwa sein
"Medienkoffer", eine Wortschöpfung in Anlehnung an den Sexkoffer, den es
in den 70er Jahren in den Schulen gegeben hat. "Der Medienkoffer
beinhaltet Arbeiten Bechtolds in den verschiedensten Medien wie etwa
Fotografie, Video oder Super-8-Film und demonstriert hervorragend, was
einen Medienkünstler ausmacht, nämlich die Vielfalt", so Breitwieser. Tonkassetten als Revolution Auch der tragbare Kassettenrekorder eröffnete neue Möglichkeiten. Das
Genre der Audio-Art ist so entstanden. Heidi Grundmann, die langjährige
Leiterin der Reihe Kunstradio im ORF, hat den Audioteil der Ausstellung
Re-Play zusammengestellt. "Natürlich ist auch der Bereich Sound und die
künstlerische Auseinandersetzung mit dem Sound als Material von der
technologischen Entwicklung und der medienpolitischen Situation total
abhängig gewesen", so Grundmann. Viele Arbeiten hätten aber auch außerhalb
des Radios stattgefunden. "Die billigen Tonkassetten, die man zu Hause
ganz einfach kopieren und wie Mail-Art um die Welt schicken konnte, haben
einen riesigen Schritt nach vorne bewirkt", ist Heidi Grundmann
überzeugt. Aufwendige Recherchen Mitunter waren aufwendige Recherchen notwendig, um an historische
Kassettenaufnahmen von Dieter Roth, dem Kanadier Ian Murray oder dem
Amerikaner Vito Acconci ranzukommen. In Österreich waren auch
Schriftsteller wie Gerhard Rühm an der Entwicklung der Audiokunst
beteiligt. 1980 bei der Ars Electronica gab es eine große Manifestation
der audiophonen Poesie. Auf Hörinseln im Stadtbereich und in einem
Poesietelefon gab es eine Auswahl von Texten von Gerhard Rühm zu hören.
Auch in der Generali Foundation wurde ein Poesietelefon installiert. Tipp: Die Ausstellung "Re-Play" ist vom 11. Mai bis 6. August zu sehen.
Generali Foundation, Wiedner Hauptstraße 15, 1040 Wien. Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, Feiertag: 11 - 18 Uhr, Donnerstag: 11 - 20 Uhr. Links: | ||
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