In Rino Levis Architektur haben die farbigen Wände ihre Entsprechung in der Natur. In Lombardis Ausstellung sind sie doppelter Verweis.
Wien - Ursprünglich wollte er Musiker werden. Als jedoch Roberto Burle Marx (1909-1994) während seines Studiums in Deutschland im Botanischen Garten eine Pflanze aus seiner Heimat Brasilien betrachtete, beschloss er, sich ganz den visuellen Künsten zu verschreiben - so will es die Anekdote. Über den Umweg Europa fand also nicht nur die Moderne nach Brasilien, sondern dank Burle Marx auch die tropische, indigene Pflanzenwelt Eingang in die brasilianische Landschaftsgestaltung. Er revolutionierte eine Gartentradition, die bis dahin die französische Ästhetik bestimmt hatte.
Die 1958 in Brasilien geborene und seit ihrem Studium in Wien lebende Künstlerin Inés Lombardi beschäftigt sich in der Secession mit zwei Gartenanlagen (Residência Olivio Gomes und Fazenda Vargem Grande) des berühmten Modernisten. Wände in intensiven Farben bestimmen den Raum; Fotos von Landschaft und architektonischen Details sorgen für die Atmosphäre einer fernen Welt.
Den Garten empfand der Landschaftsarchitekt und Maler als "ordnenden Impuls", der die natürlichen Dimensionen zwischen Mensch, Architektur und Natur wiederherstellt. Insbesondere in den Städten sollte so eine Begegnung zwischen Mensch und Natur möglich werden: "Ein Teil des sozialen Auftrags des Landschaftsgärtners besteht darin, dem Volk etwas zu vermitteln, das es im Kontakt mit Garten und Park die Werte der Natur schätzen und begreifen lässt", sagte Burle Marx.
Charakteristisch für seine Gestaltungen mit der vielfältigen Flora Brasiliens waren abstrakte, stark gegeneinander abgegrenzte Struktur- und Farbflächen; mit Palmen, Skulpturen und Gerüsten stellte er eine dritte, vertikale Dimension her. Gesteine und Pflanzen waren für ihn das, was anderen Künstlern Farbe und Pinsel sind.
Zusammen mit den brasilianischen Architekten der Moderne schuf er Anlagen, die Dialoge herstellen: Insbesondere die gemeinsam mit Rino Levi entwickelte Residência Olivio Gomes beweist, wie sich der reduzierte Bau der gestalteten Natur unterordnet. "Sensationell ist nicht die Architektur, sondern die Natur", sagt Lombardi vor einem ihrer Fotos, das den geradezu geduckten Eingang der Villa zeigt. Majestätisch erhebt sich dahinter eine Palme.
Es wäre weit gefehlt, Lombardis Ausstellung als reine Hommage an Burle Marx, ihre Fotos als Dokumentation der Gesamtkunstwerke zu verstehen. Vielmehr ist ihre Raumkonstruktion eine multiperspektivische, in viele Bildpixel aufgelöste Reflexion über die Diversität von Wahrnehmungen und Vorstellungen - auch historische, so wie etwa jene vom österreichischen Aquarellisten Thomas Enders verbildlichte Vorstellung von Wildnis. Auf der von ihm begleiteten Brasilien-Expedition 1817 kam man auch durch den Landstrich, in dem sich die beiden ausgewählten Gärten von Burle Marx befinden. Jedoch: "Die Wildnis sieht man nicht", sagt Lombardi, "sie ist ungeordnetes Chaos und nicht komponiert."
Wildnis, Natur, Garten
Auch Burle Marx' Arkaden sind ein Konstrukt. Zwar stellt er mit der Gestaltung Beziehungen zwischen den Elementen her, lenkt den Blick, letztendlich lässt er es dem Betrachter aber frei, welche Assoziationen er trifft. So frei sind auch die Wege, die Lombardi vorschlägt: Ihre vor- und zurückspringenden Wände, mit den auf die Architektur verweisenden Farben, geben keine Narration vor. Inspiriert hat Lombardi dazu eine Erinnerung an das Museu de Arte de São Paulo. In ihrer Jugend standen dort die Objekte frei, Wände gab es nicht - dem Betrachter stand jede Richtung offen. Die Schau ist ein Plädoyer für eine Vielfalt der Perspektiven. Eine Lektüre zur brasilianischen Moderne ist im Vor- oder Nachhinein jedoch zu empfehlen. (Anne Katrin Feßler/DER STANDARD, Printausgabe, 27. 4. 2011)
Bis 15. 5.
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