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Kunstberichte

Von Josephs Spar-Sarg und Sesseln für Aliens

Das Künstlerhaus und die Bestattung Wien präsentieren mit der Ausstellung "Exitus. Tod alltäglich" Morbides
Illustration
- Die Zeit ist kostbar – und knapp: Franz Kapfers Fotografie „St. Sebastian Friedhof“.  Foto: Franz Kapfer

Die Zeit ist kostbar – und knapp: Franz Kapfers Fotografie „St. Sebastian Friedhof“. Foto: Franz Kapfer

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Der Tod in der Kunst: ein schier unsterbliches Thema. Doch schließlich will sich der Mensch erinnern, das unfassliche Ende durch Riten erträglicher machen. In der aktuellen Ausstellung des Künstlerhauses werden nun, in reizvoller Kombination, Kunstwerke den Objekten des Bestattungsmuseums der Stadt Wien gegenübergestellt.

Wenn die städtischen Pompfüneberers ihr 100 Jahr-Jubiläum feiern, darf weder der josephinische Spar-Klapp-Sarg fehlen noch die "Pompa" der letzten Kaiserin Zita. Vom Auto über die teils antiquarischen Särge und sämtliches Zubehör lässt sich vorfühlen, wie reichhaltig hier das Angebot ist.

Tod wird Pop

Die Thanatologen – Todesspezialisten unter den Künstlern – haben ihr Werk zum Teil daneben inszeniert. Dabei interessiert sie der Totenkopf genauso wie der tote Körper, der Sarg oder die Urne. Was früher Stichwerke mit barockem Memento mori oder bemalte Knochen waren, das findet sich im 20. Jahrhundert in Ex-Libris-Blättern verkleinert wieder. Vor allem die Gothic-Punk-Szene hat die Trauerfarbe Schwarz samt Utensilien und Symbolen in Mode gebracht. Tod wird Pop, nicht nur bei Falcos Begräbnis, sondern auch bei Andy Warhol, einem Sessel von "Alien"-Designer HR Giger oder in Andreas Spiegels "Cocoon", dem vollendeten Sarg-Designermodell aus Pflanzenfasern und Naturharz.

Auch Wittigo Keller und zuvor Josef Hoffmann haben die Schwelle zum doch nicht ganz alltäglichen Gebrauch überschritten. Spezialisten in Malerei und Grafik wie Herwig Zens schreiben auch zum Tod; Hans Escher, Alfred Hrdlicka, Hermann Nitsch, Matthias Herrmann, Gudrun Kampl oder Erwin Wurm holen ihn als dominantes Thema in die Gegenwart.

Morbide Disco-Kugel

Künstlerinnen wie Anna Konik verwenden den Totenkopf gleich für eine Art Disco-Kugel. Anonyme Meister aus Mexiko wurden eingeladen, ihre lebenden toten Vorbilder wie Frida Kahlo auf einem bunten Altar zu inszenieren. Rosa wechselt mit Schwarz, Skurrilität mit Erinnern, die Route durch die Todesthemen ist symmetrisch vorgegeben, fehlt nur noch das Kondolenzbuch für spontane Besucher-Reaktionen.

Exitus. Tod alltäglich

Kuratoren: Wittigo Keller,

Peter Bogner

Künstlerhaus

1., Karlsplatz 5

http://www.k-haus.at

Bis 6. Jänner

Starke Bande.

Donnerstag, 18. Oktober 2007


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