Galerienspiegel

Ästhetik von Fortschritt und Verfall

16. Dezember 2009, 17:35
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Auch die USA haben ihr "Neues Berlin": Detroit - Ausstellung in den Räumen von Habres+Partner

Kaum zu glauben, aber das seit 1950 stetig schrumpfende Detroit, das mit Arbeitslosigkeit, Rassenkonflikten und Kriminalität kämpft, hat eine eigenwillige Kunstszene. Und die wächst. Immer mehr Künstler - etwa aus Chicago - verlagern ihre Ateliers in die "Motor-City".

Das Wahrzeichen dieser Motoren- und Automobilstadt, das 221 Meter hohe Renaissance Center, Sitz von General Motors, interessiert Felix Malnig (1967 in Nürnberg geboren). In der Ausstellung Fragile Structures bei Habres+Partner widmet er sich den Verbindungen zwischen den instabilen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systemen und den entsprechenden - vergänglichen - Repräsentationsbauten.

Mit metallenen Farben und Sprühlack verstärkt Malnig beim Renaissance Center noch die Assoziationen mit der Autoindustrie, die ebenso für den raschen Aufstieg der Stadt als auch - aufgrund der Einseitigkeit - für deren Abstieg verantwortlich ist. Einer Renaissance hatte man sich in Detroit schon im Erbauungsjahr 1977 gewidmet, denn die heftigen Rassenunruhen 1967 macht man dafür verantwortlich, dass die Downtown fast ausgestorben ist. In letzter Zeit gibt es zahlreiche Initiativen zur Belebung der Stadt, aber seit GMheuer Insolvenz angemeldet hat, gleiche das Zentrum einer Geisterstadt, heißt es (Detroit-Ausstellung im Project Space der Kunsthalle ab 21. April).

Detroits Gesicht ist aber auch geprägt von einem der größten Architekten der Moderne, Mies van der Rohe. Eines seiner Gebäude für die Lafayette City, eine Art moderne Gartenstadt, hat Malnig wortwörtlich in einen Schwebezustand versetzt:Aufbau oder moderne Ruine - das Gebäude scheint im gleichen Dilemma zu stecken wie die Stadt selbst. Zu den feinsinnigen Analysen auf Leinwand fügt Malnig eine ästhetisch anspruchsvolle Videoarbeit hinzu: Parking Garage / Michigan Theatre kündigt bereits im Titel eine absurde Verbindung an: Das 1926 als historistisches Konzert- und Filmtheater erbaute Haus erlebte turbulente Tage, u. a. als Nachtklub. Heute wird es als Parkhaus genutzt. Malnig morpht Bilder des verrückten Szenarios zu einer nachdenklichen Komposition der Auflösung. (kafe, DER STANDARD/Printausgabe, 17.12.2009)

Bis 9. 1.

Galerie Habres+Partner, Hollandstraße 7, 1020 Wien

Link:
www.nacpool.at

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