Sechs Stimmen für ein Netz | |
Österreichs Netzkulturinitiativen sprechen ab sofort mit einer Stimme: Das konsortium.Netz.kultur ist die lang ersehnte Pressure Group für die freie Kulturszene im Online-Bereich. Nachhilfeunterricht in Sachen Internet wäre aber auch für Österrreichs Politiker angesagt. Von Simon Hadler.
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Die sechs im konsortium.Netz.kultur
vertretenen Server sehen ihre Aufgabe - wie der Name schon nahe legt - im
Vernetzen von Kunst- und Kulturinitiativen in ganz Österreich. Das bedeutet, Infrastruktur und Know-How für Interessierte zur
Verfügung zu stellen und so für jede Menge interessanter Websites aus dem
Kulturbereich zu sorgen. Zusätzlich dazu soll durch Mailinglists,
Diskussionsforen und eigene e-zines die Kommunikation im Netz gefördert
werden. Ziel ist eine aktive Online-Community im Kunst- und Kulturbereich,
eine Öffentlichkeit abseits von ORF und Tageszeitungen. Die zentralen Forderungen des konsortium.Netz.kultur wurden bereits
zwei Jahre vor seiner offiziellen Gründung im sogenannten Gelben
Papier formuliert. Medienkompetenz schaffen Die Zielsetzungen des Konsortiums gehen über die Vernetzung der freien
Kulturszene Österreichs und der Bereitstellung von Webspace und Netzzugang
für Kulturinitiativen hinaus. Man will einen "freien, offenen und
niedrigschwelligen Zugang zu Forschungs-, Produktions-, Vermittlungs- und
Diskursplattformen" bieten, wie in einem ersten programmatischen Papier
festgehalten wird. Geld: Wer fordert von wem? Um diese Ziele umsetzen zu können, braucht es Geld. Geld, das nicht am
freien Markt erwirtschaftet werden kann, wenn, von marktwirtschaftlichen
Kriterien unbeeinflusst, reflektive Inhalte geschaffen werden sollen. Also
Förderungen vom Staat. Um diese in der notwendigen Größenordnung aber
überhaupt mit Aussicht auf Erfolg fordern zu können, müssten zuständige
und kompetente Beamte in Politik und Verwaltung als Ansprechpartner zur
Verfügung stehen. Als Vertreter der Netzkulturszene wurde je ein Abgesandter folgender
Server gewählt: Public Netbase
t0 und PUBLIC VOICE Lab
aus Wien, mur.at aus Graz, subnet aus Salzburg, servus.at aus Linz und med-user.net aus
Dornbirn. Österreichs Politiker und die Netzkultur Die vom konsortium.Netz.kultur vertretenen Initiativen wollen dafür
sorgen, dass dann abseits von E-Kommerz und privaten Homepages auch
ernstzunehmende Inhalte im österreichischen Teil des Internet zu finden
sein werden. Wenn man sie lässt. Das konsortium.Netz.kultur befürchtet
während dieser Legislaturperiode nämlich eine weitere, beziehungsweise
noch krassere Vernachlässigung der Netzkultur von Seiten der Politik.
Nicht ganz zu Unrecht. Noch während seiner Zeit als Kunststaatssekretär gab Peter Wittmann zu:
"Im Bereich Informationstechnologie und Kultur hat sich die Politik große
Versäumnisse zuschulden kommen lassen." Neue Regierung, Zeit für einen
Neubeginn? ON KULTUR begab sich auf die Suche nach kompetenten
Interviewpartnern und versuchte es mit Kunststaatssekretär Franz Morak,
Kulturministerin Elisabeth Gehrer und Infrastrukturminister Michael
Schmid. "E-Austria", "Österreich ans Netz", die "Computermilliarde" - lauten
dieser Tage prominente Schlagworte zukunftsorientierter Politik. In Sachen
Netiquette wäre für die Volksvertreter allerdings Nachhilfeunterricht
angesagt. Von Elisabeth Gehrer findet sich auf der Ministeriumshomepage ein Porträt,
wo man auch über ihre Vorlieben und Hobbys informiert wird. Ihre E-Mail-Adresse ist ein
besser gehütetes Geheimnis, sie wird lediglich auf der Website des
Parlaments angeführt. Immerhin, denn Kunststaatssekretär Franz Moraks E-Mail-Adresse muss man
telefonisch erfragen. Infrastrukturministerium Einzig Michael Schmid fand innerhalb von drei Tagen Zeit für ein Reply.
Er fühlt sich zwar für Netzkultur im engeren Sinne nicht zuständig, ist
aber der Meinung, dass die rasante und vom Infrastrukturministerium
geförderte Technologieentwicklung eine laufende Senkung der Kosten auch
für Kulturvereine herbeiführen wird, sodass diese ihre "für die
Öffentlichkeit zweifelsohne wertvollen Aktivitäten" äußerst kostengünstig
durchführen werden können. Kulturministerium Im Kulturministerium wurde - nach sechs Tagen - Sektionschef Peter
Mahringer mit der Beantwortung von Gehrers Interview-Fragen betraut. Er
führt im Bereich Netzkultur die Aktivitäten des Ministeriums an:
Museum-Online, die Digitalisierung der Österreichischen Nationalbibliothek
und ein geplantes Infonetz für Volkskultur. Den Bereich der zeitgenössischen Kunst sieht Mahringer durch die
Online-Projekte des Museums moderner Kunst - Stiftung Ludwig (MMKSL) und
über den Österreichischen Kulturservice abgedeckt. Und was schließlich "den Stellenwert der Kultur im Bereich der
Verteilung der Mittel innerhalb der Technologiemilliarde betrifft bzw. die
Kulturschaffenden, so ist dafür in erster Linie die Kunstsektion des BKA
zuständig". Das Regierungsprogramm sehe im Bereich des Kulturministeriums
lediglich die Investition einer "Computermilliarde" im Schulbereich
vor. Kunststaatssekretariat Bleibt die Frage nach Förderungen abseits renommierter Institutionen,
wie eben der vom konsortium.Netz.kultur vertretenen Initiativen. Ob sich
das Kunststaatssekretariat zuständig fühlt und welchen Stellenwert die
Netzkultur in seinen Agenden hat, konnte nicht herausgefunden werden. Statt einem Antwort-Mail vom Kunststaatssekretär meldete sich eine
Mitarbeiterin telefonisch, um ausrichten zu lassen: "Alles, was Franz
Morak zu diesem Thema zu sagen hat, können Sie ohnehin der APA (Austria
Presse Agentur, Anm.) entnehmen". Viel scheint er ja nicht zu sagen zu haben, wenn man die Archive der
APA dieses Jahres durchforstet. Ein kurzer Absatz über die geplante
Ablieferungspflicht für Online-Produkte, eine reflexartige Antwort auf den
Vorwurf von Seiten Public Netbase t0, er, Morak, hetze dem Kulturserver
Wirtschaftsprüfer an den Hals. An anderer Stelle erfährt man, dass "mit dem neuen Medium Internet auf
die Politik in Östereich eine völlig neue Herausforderung zukommt". Dass
es ein "gewaltiges kreatives Potenzial" gäbe, "bei dem wir Player werden
sollten". Österreich habe bisher oft eine "autistische Kulturpolitik"
betrieben. "Mit dem Internet kommt dies nun zu einem Ende", freute sich
Morak. | ||