Kunsthalle Wien: "Televisions - Kunst sieht fern"
Historisches Kunst-Medium
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Bis 6. Jänner widmet sich die Kunsthalle im MuseumsQuartier
in ihrer großen Ausstellungshalle einem Thema, das gerne unterschätzt
wird, aber eigentlich Dauerpräsenz in unseren Köpfen hat: Dem Fernsehen
und seinem nun schon historischen Einfluss auf alle Medien der Kunst. Seit
50 Jahren ist Anregung für alle, bis auf wenige Verweigerer, fast so etwas
wie eine "zweite Mutter", bezeichnet es der Kurator Joshua Decter, der die
Schau mit Gabriele Mackert für Wien gestaltet hat. Für Jugenderinnerungen
wie "Lassie" und "Flipper" gut, ist das Fernsehen aber auch
bestgehasstestes Entspannungs- und Verdummungsmittel, es schafft bei uns
allen, Erinnerungen auszulösen und Identitäten zu verändern, macht süchtig
und Privates öffentlich. Die vielseitige Möglichkeit, Fernsehen in den
achtziger und neunzigen Jahren zu betrachten, bringt Malerei, Skulptur,
Fotografie, Inastallation und Videos zusammen in eine Architektur einer
Art Backstage-Bühne mit experimentellem Charakter, gestaltet von
veech.media architecture. Ironisierung ist einer der leitenden Grundsätze
der Betrachtungsweise von Künstlern: So baut gerade Pipilotti Rist, die
selbst mit Video und Film arbeitet, "Das Zimmer" (zum Fernsehen) mit viel
zu groß geratenen Möbeln, um die Allmacht des Geräts anzuzweifeln.
Keith Haring hat bereits 1983 ein humorvolles Bild im
Pseudo-Graffiti-Stil zum Thema Massenmedien (mit einer gebauten Pyramide
aus Fernsehern und zwei Pseudogöttern) geschaffen, das Logo der Schau
stammt von Ashley Bickerton von 1997: Ein gezeichneter, fetter "Patron"
lehnt in Unterhosen auf seinem Fernsehsessel eines Stardesigners; an den
Wänden Mondrian und Brancusi, ein rattenhaftes Hündchen zu Füßen; der
perfekte reiche Schnösel mit Halbbildung, die Fernbedienung in der Hand.
Auch William Wegman hat sich schon 1972 darüber lustig gemacht, was
Fernsehen für die Ehe alles bewirken kann. Im Katalog hat jede Künstlerin
und jeder Künstler eine Seite mit Bild und Text, die Theorie wird im
Anhang geliefert, das Objekt Katalog ist in Videoform und in
Plastikkassette, und beim Durchblättern macht der Innenrand ein
Fernsehtestbild, das auch einige Künstler zu Statements angeregt hat.
Natürlich fehlt auch der frühe Fernsehfetischist Nam June Paik mit
seinen poetischen Eingaben nicht, und Maurizio Cattelans Esel mit TV-Gerät
am Buckel lässt zwar schmunzeln, aber schon der Titel "If a tree falls in
the forest and there is no one around it, does it make a sound ?" führt
wieder zu jener globalen Einflussnahme zurück, in der auch die
Endlosschleife des Terroranschlags in New York unser Leben beeinflusst
hat. Weitere künstlerische Statements sind u. a. von Vito Acconci, John
Baldessari, Nan Goldin, Paul Graham, Allan McCollum, Tony Oursler, Louise
Lawler, Raymond Pettibon, Christoph Schlingensief, D. Magreiter und viele
junge Beiträge, die auf das Design um das Fernsehen, auf die
gesellschaftliche Sprache oder auf die Bilderflut bzw. die Inhalte bis zum
Fernsehen als Kaminfeuer der Gegenwart (Jan Dibbets) reagieren. Eine
abwechslungsreiche, kritische, aber auch kreative Einsicht in die
Bandbreite von Generationen, die hier mit etwa 100 Exonaten komplex
vorgeführt werden. Die Kommentare zur Globalisierung machen klar, wie sehr
das Fernsehen Kunst und nicht nur Kommerz in alle Welt transportiert hat -
ein tröstlicher Aspekt und eigentlich auch ein historischer Kommentar zu
einem wichtigen Bereich des Massengeschmacks seit der Revolution der
Pop-Art.
Erschienen am: 27.11.2001 |
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