Hauptmenu . _
Hauptmenu
Hauptmenu Hauptmenu Hauptmenu
Hauptmenu .

Linkmap

.
. .

Quer durch Galerien

Froschkönig honoris causa

Von Claudia Aigner

Debattieren Sie mit!Einen Autodidakten erkennt man meist sofort. (Er spannt seine Leinwände so ordentlich auf.) Die Maler nämlich, die es sich nicht selber beigebracht haben, wie man sich einer Leinwand nähert, gehen in der Regel mit der Heftklammerpistole um wie die Ärzte mit dem Kugelschreiber, also: aktionistisch beflügelt. Das gehört ja praktisch schon zum Berufsethos. Liegt aber eventuell auch an der tief verwurzelten Furcht, man könnte ihnen womöglich ein Naheverhältnis zum Handwerk unterstellen, wenn sie ihre Keilrahmen so sauber überziehen würden, wie ein Stubenmädel im Hotel Sacher ein Leintuch aufzieht. Tobias Hermeling (in der Fichtegasse 2 hat er einen neuen Schauraum für seine eigenen Bilder eröffnet) ist, kurz gesagt, kein aktionistisches Stubenmädel, also kein akademischer Maler.
Wer liest heute schon noch ein Buch von vorne bis hinten durch? Bald wird man die Bücher ohnedies nur noch ausbeuteln und schauen, was herausfällt. Mit dieser zukunftsträchtigen Lesemethode scheint Hermeling den ersten Band vom Brockhaus studiert zu haben. Lauter Wörter mit A und ein paar Abbildungen dazu sind herausgepurzelt und schwappen wild ineinander. Mittendrin steht "Atelier abspannen" (hä?). Autodidakten machen das vielleicht wirklich so. Sie spannen ihre Werkstatt in der Früh fein säuberlich wie einen Regenschirm auf und am Abend wieder ab (wie auch immer das gehen mag).
"Meine Bilder haben eigentlich viel Köpfe und viel Schrift und mit dem Leben zu tun und dem ganzen Quark (neuösterreichisch für "Topfen"), den es da gibt." Kein Wunder, dass er beim Brockhaus gelandet ist, dem Hüter der Fernsehquiz-Klugheit von A bis Z. Und "Only A" ist wohl so etwas wie die Kurzfassung vom Anfang des Allgemeinwissens (insofern als ein Frankfurter Würschtel ja auch irgendwie die Kurzfassung eines Schweines ist). Diese kompakte Überflutung der Leinwand mit verbalen und bildlichen Informationen, das hat was. Und kommt unserer unsteten, fragmentarischen Blickkultur entgegen. "Cross-town traffic" (Verkehr, quer durch die Stadt): hektisch-visuelle Poesie oder die mathematische Formel für eine Taxifahrt?
Insgeheim dürfte Hermeling freilich doch ein kleiner Romantiker mit Gebrüder-Grimm-Allüren sein. Denn wieso sollte er sonst so gern die Leute zu Königen krönen? Und sonst hätte er ja auch schon längst den Peter von der Wand genommen, einen poppig blauen Pinguin mit Königskrone, quasi ein "Froschkönig honoris causa".
Eine Skinhead-Kolonie wird vermutlich keine Kulturnation sein. Schon allein deswegen werden die meisten Künstler Gewalt nicht sonderlich sympathisch finden. Dass aber deshalb gleich jede Kunst eine Form von Gegengewalt wäre und das derzeit kursierende Thema "Kunst gegen Gewalt" folglich redundant sein soll, da bin ich mir nicht ganz so sicher wie Grita Insam ("Jede Arbeit, die ich aufg'hängt hab, hat plötzlich etwas gegen Gewalt ausgesagt"), die ein bisschen was aus ihrem Lager zusammengestellt hat. (Bis 31. August in der Köllnerhofgasse 6.) Wenn Peter Sandbichler sechs Baseball-Schläger, die ja die aggressive Aura einer Skinhead-Waffe haben, zu einem manierierten geometrischen Gebilde verdrahtet und somit "entschärft", dann ist das natürlich schon ein pazifistisches Statement. (Neben der ästhetischen Komponente, die man am besten "Schönheit" nennt. Oder "Perfektion".)

Erschienen am: 23.08.2002

.

bullet Quer durch Galerien

bullet Salzburg: Handschriftenaus stellung "Musik und Dichtung"

bullet Ambras: Arbeiten von Irene Trawöger und Herwig Zens

bullet Quartier 21 und Wiener Galerien: Kunst gegen Gewalt

bullet Werke aus dem Nationalmuseum Belgrad

bullet Kunsthalle Wien: "Tableaux Vivants"

bullet Rundgang durch Salzburger Festspiel- Ausstellungen

bullet Quer durch Galerien

bullet Die Hamburger Kunsthalle zeigt Werke von Oskar Kokoschka

bullet Quer durch Galerien

.